„Aus den Augen, aus dem Sinn?“

W. Marsand -Tausende demonstrierten am 16. November vor dem Hamburger Hauptbahnhof für das Verbot von Tierversuchen

„Aus den Augen, aus dem Sinn?“.

LPT beschäftigt Behörden in Hamburg und Niedersachsen.

Nach der Veröffentlichung von vermeintlich skandalösen Fotos aus dem Tierversuchslabor LPT in Mienenbüttel war und ist der Aufschrei in der Öffentlichkeit groß. Zuletzt demonstrierten am 16. November beispielsweise Tausende von Bürgern vor dem Hamburger Hauptbahnhof gegen Tierversuche. Allgemeiner Tenor: Verbot jeglicher Tierversuche und die Schließung von Tierversuchslaboren. Aber so einfach, wie sich das die Demonstranten vorstellen, ist es nicht. Ob in Niedersachsen, ob in Hamburg – die Verwaltung mahnt zur Besonnenheit. Vor Kurzem meldete sich die Pressestelle des Landkreises Harburg zur LPT-Thematik. „Den Landkreis Harburg erreichen nach wie vor zahlreiche Anfragen der Presse, aber auch seitens der Bürgerinnen und Bürger zum Tierversuchslabor LPT in Mienenbüttel. Das große Bedürfnis der Öffentlichkeit nach Informationen ist absolut nachvollziehbar. Viele der Fragen werden wiederholt gestellt, weshalb wir an dieser Stelle noch einmal auf die wesentlichen Punkte eingehen“, hieß es einleitend in der Pressemitteilung.
Im Frage-Antwort-Modus wurde unter anderem auch folgender Passus veröffentlicht: „Warum wird die LPT nicht sofort geschlossen?“ Antwort des Landkreises: „Die Schließung der LPT seitens des Landkreises Harburg setzt den Nachweis der Unzuverlässigkeit des Betreibers voraus. Das uns vorliegende Videomaterial wie auch die inzwischen abgestellten Mängel bei der Haltung der Affen stellen juristisch gesehen aber noch keinen hinreichenden Grund für die Schließung der LPT dar. Der Landkreis Harburg arbeitet mit Hochdruck gemeinsam mit allen beteiligten Behörden daran, die umfangreichen Ermittlungen schnell abzuschließen. Um das laufende Verfahren nicht zu gefährden, können keine weiteren Details zum Inhalt und zu Erkenntnissen aus den Kontrollen und Prüfungen genannt werden.“ Eine weitere oft gestellte Frage lautete: „Warum beschlagnahmt der Landkreis Harburg die in der LPT befindlichen Tiere nicht?“ Hierauf antwortete der Landkreis Harburg folgendermaßen: „Weil die Ermittlungen derzeit noch nicht vollständig abgeschlossen sind, fehlt dem Veterinäramt derzeit eine Rechtsgrundlage für eine Beschlagnahme der Tiere, die sich im Eigentum der LPT befinden. Das Veterinäramt kontrolliert die Haltungsbedingungen und den Zustand der Tiere engmaschig. Derzeit befinden sich im Eigentum der LPT am Standort Mienenbüttel noch 139 Affen, 201 Hunde und 49 Katzen. Die LPT muss dem Veterinäramt mitteilen, wenn Tiere getötet werden oder das Tierversuchslabor verlassen.“
Die Hamburger Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV) machte mittels Presse-Mitteilung deutlich, dass bei der behördlichen Überwachung zwischen der Haltung der Tiere und der Durchführung von Tierversuchen unterschieden werden müsse. Zum einen müsse „die Einrichtung über eine Haltungserlaubnis nach § 11 Tierschutzgesetz (TierSchG) verfügen. Die BGV kontrolliert Hamburger Tierversuchseinrichtungen grundsätzlich deutlich häufiger als das gesetzlich vorgeschriebene Maß von drei Jahren. Aktuell wurden die Kontrollen bei der Firma LPT in Hamburg noch einmal verschärft“, ließ die Behörde verlautbaren. Jeder einzelne Tierversuch, so die BGV, müsse darüber hinaus bei der zuständigen Behörde beantragt oder angezeigt werden. „Die zuständige Behörde kann die Versuche ablehnen oder untersagen, wenn die tierschutzrechtlichen Voraussetzungen, insbesondere die Vorgaben des § 8 TierSchG, nicht erfüllt werden. Bis zur Klärung der aktuellen Vorwürfe genehmigt die BGV keine weiteren Tierversuchsvorhaben der Firma LPT“, kündigte die BGV an. Die Staatsanwaltschaft wäre von der BGV gebeten worden, „Ermittlungen im Hinblick auf die im Raum stehenden Vorwürfe, die auf eine Manipulation von Versuchsreihen durch die Firma LPT schließen lassen, aufzunehmen“, teilte die BGV mit. Diese schob noch hinterher, dass aufgrund der laufenden Verfahren die BGV keine Einzelheiten zu den Ermittlungen und Untersuchungen mitteilen könne. „Erschütternd und brutal waren die Bilder, die in den letzten Wochen veröffentlicht wurden. Sie zeigten, zu was der Mensch in der Lage ist, Tieren anzutun“, sagte der Neu Wulmstorfer-FDP-Politiker Peter Kurland. Die Zeit des Wegschauens und Verdrängens sollte vorbei sein, so der Liberale weiter. Aber: „Die Forderung, das Tierversuchslabor in Mienenbüttel zu schließen, sollte nur das letzte Mittel sein“, betonte Kurland. „Mit der Schließung würden solche Einrichtungen im Ausland errichtet. Im Interesse des Tierwohls wäre die Schließung der Tierversuchsanstalt keine gute Lösung. Ziel sollte es sein, den Sinn der Tierversuche kritisch zu hinterfragen, eine starke Reduzierung der Tierversuche, bei den erforderlichen Versuchsreihen dem Tierwohl eine hohe Bedeutung beimessen, den Tieren ein Weiterleben nach einen zeitlichbegrenzten Aufenthalt im Versuchslabor zu ermöglichen und zu hinterfragen, worin der Unterschied in den Regelungen des Tierschutzes und den Regelungen für Tierversuche besteht.“ Gegebenenfalls sei das Tierschutzgesetz an das Tierwohl anzupassen. Sterile, enge Käfige sollten auf den Prüfstand kommen. Die zuständigen staatlichen Einrichtungen seien aufgefordert, mehr Transparenz zu ermöglichen, sagt Kurland. „Aus den Augen, aus dem Sinn; soll das die Lösung sein? Das Martyrium, die Tortur der Tiere, würde nur exportiert“, meint der FDP-Politiker abschließend.