
„Alle Menschen werden Brüder“
Deutsch-Japanisches Friedenskonzert in St. Katharinen
Ein heißer Tag ging in den Baracken von Bando zu Ende, als der junge Militärmusiker Richard Hermann Hansen am 1. Juni 1918 vor sein „Tokuschima-Orchester“ und seinen Chor trat, den Taktstock hob und die ersten Klänge von Beethovens 9. Symphonie die Zuhörer erreichten.
In den vorderen Reihen saßen der japanische Oberst Matsue Toyohisa mit seinem Stab, deutsche Marineoffiziere und einige japanische Honoratioren. Dahinter und außerhalb des Gebäudes hatte die einheimische Bevölkerung Platz genommen.
Das japanische Publikum hörte erstmalig eine Musik, die im fernen Europa ein bereits tauber Ludwig van Beethoven komponiert hatte. Zuerst wirkten die Gäste überrascht, dann bewegten sich ihre Köpfe, die Körper schwangen leicht im Takt und langsam ließen sie sich von den fremden Tönen einfangen. Als dann später 80 kräftige Soldatenstimmen die „Ode an die Freude“ sangen, waren sie hingerissen. Noch nie hatte sie Musik so gepackt.
An diesem Tag begann die Liebe der japanischen Bevölkerung zur deutschen Klassik und ihre Begeisterung für Beethovens „Neunte“. – Doch die Erstaufführung fand nicht in einem berühmten Konzertsaal statt, sondern in der kleinen Ortschaft Bando bei Naruto, auf der Insel Shikoku. Und die „Ode an die Freude“ sangen deutsche Kriegsgefangene in einem japanischen Lager, während in Europa der Erste Weltkrieg wütete.
Damals konnte der blonde Flensburger Hermann Hansen nicht ahnen, welche Bedeutung sein Konzert später entfalten würde. Und auch Oberst Toyohisa hat sicherlich nie daran gedacht, dass unter seinem Kommando Kulturgeschichte geschrieben würde. Allerding wusste er, dass Bando besonders war, denn er öffneten das Lager für die Bevölkerung: Aus Feinden wurde Freunde.
100 Jahre hält nun die Liebesbeziehung zwischen Beethovens „Neunter“ und Japan an. Ohne die „Ode an die Freude“ wird kein Jahr beendet und in jedem Juni treffen sich in Osaka über 10.000 Sängerinnen und Sänger, um „DAIKU“ zu erleben, während ein millionenfaches Publikum die Aufführung an den Fernsehern verfolgt.
Der humane „Geist von Bando“ im Umgang mit Kriegsgefangenen ist leider eine Ausnahme geblieben. Deshalb werben die Partnerstädte Naruto und Lüneburg für eine Aufnahme von Bando als UNESCO-Weltkulturerbe. „Und wenn wir „Alle Menschen werden Brüder“ singen, sollten wir an Hermann Hansen und an den japanischen Oberst denken. Beide haben wichtige Grundlagen für die deutsch-japanische Freundschaft gelegt“, so Hubertus Godeysen aus Finkenwerder, der gemeinsam mit Rikako Oka das deutsch-japanisches Friedenskonzert am 1. Juli ab 18 Uhr in der Hauptkirche St. Katharinen, Katharinenkirchhof 1, moderiert. Die musikalische Leitung haben Gunter Wolf und Kazuo Kanemaki, gleichzeitig auch Dirigent der beiden Finkenwerder Chöre „Frohsinn“ und Germania“ die bereits angekündigt haben, zahlreich in St. Katharinen erscheinen zu wollen. Der Eintritt ist frei.