Den Stübenplatz zum zentralen Quartiersplatz weiterentwickeln.
Lokalpolitik berät über Beirats-Empfehlungen.
Stübenplatz hoch zwei: Im Regionalausschuss Wilhelmsburg/Veddel standen am vergangenen Dienstag gleich zwei Empfehlungen des Quartiersbeirats Reiherstiegviertel auf der Tagesordnung der Lokalpolitik, die sich mit dem Stübenplatz beschäftigen. In der ersten geht es um die Bekämpfung der Suchtproblematik am Stübenplatz, in der zweiten soll der Stübenplatz zum zentralen Quartiersplatz weiterentwickelt werden.
„In der vorletzten Sitzung kam ein Anwohner in den Quartiersbeirat und berichtete von der momentanen Lage am Stübenplatz“, erinnert sich Günther Bock von Wülfingen, Vorsitzender des Quartiersbeirats. So werde am Stübenplatz viel konsumiert, vor allem Alkohol in hohen Maßen. Insbesondere in den Sommermonaten führe dies zu vielen Problemen für die um den Stübenplatz wohnenden Nachbarn. So kam es in der Vergangenheit bereits zu Gewaltvorfällen (Schlägereien, Angriffe mit Messern oder kaputten Flaschen etc.), zudem werde der Platz vermüllt. Es werde geschrien und beleidigt, teilweise lägen stark alkoholisierte Menschen auf dem Gehweg und schliefen ihren Rausch aus, leicht brennbare Sachen würden hinter Pflanzen an den Häuserwänden gelagert etc. Die Polizei sei für das Thema sensibilisiert, heißt es in der Empfehlung, die die Beobachtungen des Anwohners beschreibt. Die Frage, die sowohl den Anwohner als auch die Mitglieder des Beirats umtreibt: Wie kann man diesen Menschen helfen? „Bei unserer Empfehlung geht es nicht um die Verdrängung der Menschen, sondern um Hilfe für sie. Das wurde bei der Diskussion des Themas im Beirat sehr deutlich“, so Bock von Wülfing weiter.
So solle sich der Regionalausschuss bei den zuständigen Stellen dafür einsetzen, dass „mehr Straßensozialarbeiter für aufsuchende Arbeit im (Reiherstieg)Viertel eingesetzt werden“, denn bisher gebe es nur eine halbe Stelle, die sich zwei Personen teilen. Zudem solle „eine Anlaufstelle beziehungsweise ein Büro im Reiherstiegviertel dauerhaft eingerichtet werden, in der sich obdachlose und/oder suchtkranke Menschen Hilfe suchen können, eine warme Mahlzeit und ein Getränk bekommen und dort auch den Tag verbringen können (Angebot von Aktivitäten), damit sie nicht auf der Straße konsumieren müssen. In der Anlaufstelle (städtisch oder durch einen qualifizierten Träger betrieben) soll Fachpersonal erste Hilfsmöglichkeiten anbieten und ansprechbar sein und alle Akteure an einem Runden Tisch zusammengebracht werden, um die Bedarfe und Interessen abzugleichen“.
Den „Stübenplatz zum zentralen Quartiersplatz weiterentwickeln“ ist das Thema der zweiten Empfehlung, die auf der ersten aufbaut. So sei das Reiherstiegviertel ein sehr kinderreiches und vielfältiges Quartier und der Stübenplatz der (historische) Mittelpunkt. Derzeit werde der Platz jedoch kaum, abgesehen vom zweimal wöchentlich stattfindenden Wochenmarkt, durch die Nachbarschaft genutzt. Darüber hinaus erschwere sichtbarer Alkoholkonsum größerer Gruppen anderweitige Nutzungen. In der Nachbarschaft bestehe der große Wunsch, den Stübenplatz zu einem zentralen und vielfältig nutzbaren Quartiersplatz weiterzuentwickeln, auf dem sich die Nachbarschaft treffen und Zeit miteinander verbringen kann. Gleichzeitig müssten natürlich die Bedingungen für den Wochenmarkt bestehen bleiben. Erste Ideen sind mehr Grünflächen (Beete, Bäume, Blumen) und zusätzliche Sitzgelegenheiten, Spielangebote für Kinder (Schaukeln oder Ähnliches), fest installierte Tische zum Beispiel zum Schachspielen, regelmäßige Angebote wie das Spielmobil (Spiele, Musik, Tanzen) sowie mehr Kulturfeste und Veranstaltungen in den Frühlings- und Sommermonaten. Um diese Pläne umzusetzen, solle sich der Regionalausschuss beim Bezirksamt Hamburg-Mitte dafür einsetzen, dass in einem partizipativen Prozess gemeinsam mit den Anwohnern und weiteren Akteuren Ideen für eine behutsame Umgestaltung und stärkere Nutzungsvielfalt des Stübenplatzes entwickelt werden. Dieser Prozess soll von einem externen, neutralen Büro begleitet und unterstützt werden, so die Empfehlung.
Nachdem der Wilhelmsburger Regionalbeauftragte Martin Rietz erklärte, dass man am Thema dran sei, zeigte sich die Koalition aus SPD und Grünen bereit, der ersten Empfehlung zum Stübenplatz zuzustimmen und daraus einen Antrag zu machen. Bei der zweiten allerdings tat sich die Koalition schwerer, die Entscheidung dazu wurde vertagt. Das sorgt für Unverständnis bei der Opposition. So habe die rot-grüne Koalition wieder einmal gezeigt, was sie von der Arbeit der ehrenamtlichen Beiräte auf den Elbinseln hält, findet Jörn Frommann, Sprecher der CDU-Fraktion im Regionalausschuss. „Obwohl auch die Verwaltung in der Sitzung signalisiert hatte, dass sie den Antrag als richtiges Signal empfinden würde, und die rot-grünen Vertreter bereits im Quartiersbeirat ihre Zustimmung zu der Empfehlung des Quartierbeirats gegeben haben, sah sich Rot-Grün im entscheidenden Ausschuss nicht in der Lage, dieser guten und für das Quartier notwendigen Empfehlung zuzustimmen“, bemängelt Jörn Frommann die Entscheidung. „Hier wurde wieder einmal deutlich, wer der Totengräber der Demokratie ist. Guten Anträgen aus der Bürgerbeteiligung ohne Gründe nicht zustimmen zu wollen, um dann in wenigen Wochen mit einigen Anträgen mit dem gleichen Duktus zu beschließen, fördert nicht nur die Demokratiemüdigkeit, sondern stärkt auch die politischen Extreme“, stellt Frommann fest.
„Wir wollen uns erstmal inhaltlich mit der Empfehlung beschäftigen: Was kann man umsetzen, was ist machbar und uns noch mal mit dem Beirat beraten, bevor wir die Empfehlung zum Antrag erheben. Wir sind nicht gegen das Thema“, erklärt Neele Singh von der Wilhelmsburger SPD auf Nachfrage des Neuen RUF die Entscheidung.

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