„Die Apotheken brauchen Entlastung, keine weitere Belastung“.
Viele Apotheken in Süderelbe schlossen sich Streik am 19. Oktober an.
Am 19. Oktober streikten die Apotheken in den Bundesländern Saarland, Schleswig-Holstein, Hamburg und Brandenburg. Ab mittags bleiben die Apotheken geschlossen. Auch in der Neugrabener Region waren Türen der meisten Apotheken ab Mittag verschlossen. Bei dringend benötigten Medikamenten mussten Kunden die Notdienst-Apotheke in Neu Wulmstorf aufsuchen. Laut Neuer RUF-Umfrage gab es bei allen beteiligten Apotheken so gut wie kein größeres Kundenaufkommen wegen des Streiks. Zum Hintergrund der Aktion: „Die Apotheken leiden unter der aktuellen Krise genauso wie viele andere. In dieser Situation soll nun noch das Honorar gekürzt werden. Damit läuft das Fass über. Deshalb streiken die Kolleginnen und Kollegen in vier Bundesländern, stellvertretend für den Berufsstand“, erläuterte Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände – den Grund für den Streik. Das Apothekenhonorar wurde vor zehn Jahren letztmalig angepasst und soll – trotz Inflation und steigender Kosten für Personal und Energie – ab Januar 2023 um 120 Millionen pro Jahr gekürzt werden. So will es das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz, das am 20. Oktober im Bundestag verabschiedet wurde. Overwiening: „Die Apotheken brauchen Entlastung, keine weitere Belastung. Die Apothekerschaft sendet ein klares Signal an Bundesregierung und Bundestag, dass auch über das aktuelle Spargesetz hinaus dringend ein Politikwechsel notwendig ist. Die Arzneimittelversorgung in Deutschland muss wieder ein stabiles Fundament bekommen. Wir werden mit vereinten Kräften für diesen Politikwechsel kämpfen.“ Die im Entwurf des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes vorgesehenen Regelungen bedeuten für die von jahrelangem Vergütungsstillstand, Inflation und steigenden Personalkosten gebeutelten Apotheken eine weitere drastische Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation. „Die Erlöse der Apotheken aus der GKV-Versorgung sinken immer weiter ab. Im Jahr 2020 hat eine Durchschnittsapotheke 85.000 Euro vor Steuern aus der GKV-Versorgung erwirtschaftet. 2021 waren es noch 79.000 Euro. Schreibt man dieses Ergebnis mit den Kürzungsplänen für das nächste Jahr fort, sinkt der Betrag erneut um mehr als acht Prozent auf 72.500 Euro. Das geht zu weit und nimmt den Betrieben jede Luft zum Atmen“, erklärt dazu der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), Thomas Dittrich. Dittrich weiter: „Die Vergütung für die Abgabe von rezeptpflichtigen Arzneimitteln im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ist seit fast zehn Jahren nicht mehr angepasst worden. Überfällige höhere Tarifabschlüsse für die Angestellten, steigende Energiepreise und die Inflation belasten die Betriebe derzeit schon mehr als genug. Sie in dieser Situation mit weiteren Honorarabschlägen belegen zu wollen, ist einfach widersinnig.“ Im Kabinettsentwurf ist für zwei Jahre eine Erhöhung des Abschlags, den Apotheken der GKV für jedes rezeptpflichtige Arzneimittel einräumen müssen, von 1,77 auf 2,00 Euro (brutto) vorgesehen. Das entspricht einer Belastung der 18.000 Apotheken in Höhe von 120 Mio. Euro (netto) pro Jahr. Eine Durchschnittsapotheke verliert dadurch rund 6.500 Euro an Gewinn.
