Geothermie-Projekt läuft auf Hochtouren.
Erste Bohrung startet Anfang 2022.
Es sind Zahlen und Daten, dass es einem schon ein bisschen schwindelig werden kann: Ein 40 Meter hoher Bohrturm; 249 Gründungspfähle, ein Bohrplatz aus 700 Tonnen Beton und Stahlbewehrung; ein Bohrer, der 2.000 respektive 3.400 Meter in die Tiefe bohrt; 5.000 Haushalte, die in naher Zukunft mit Erdwärme aus Wilhelmsburg beliefert werden sollen. Das alles und noch einiges mehr gehört zum Projekt Geothermie in Wilhelmsburg. Die Vorbereitungen für die erste Bohrung am Schlengendeich in Wilhelmsburg laufen auf Hochtouren, Anfang nächsten Jahres soll es losgehen.
Es herrscht geschäftiges Treiben auf dem Platz, der einmal richtungsweisend für die Energiewende in Wilhelmsburg werden kann. Rund 4500 Quadratmeter groß ist der Bohrplatz, gut auf der Hälfte sind zwei Gruben mit einem dicken Rohr in der Mitte, die sogenannten Bohransatzpunkte, zu erkennen. Hier wird in Kürze ein 350 Tonnen schwerer Bohrturm inklusive Bohrer stehen, um in die Tiefe zu gehen. 24 Stunden am Tag soll der sich dann in die Tiefe winden, Meter für Meter, bis er auf ein geothermisches Reservoir stößt. „Die erste Bohrung wird circa zweieinhalb bis drei Monate dauern“, erklärt Moritz Scharnke, der den Bohrplatzbau und die Bohrung begleitet. Zwei Bohrungen insgesamt werden es werden, die Injektionsbohrung (3.400 Meter tief) und die Produktionsbohrung (2.000 Meter).
Bereits seit über zehn Jahren wird von der IBA Hamburg und Hamburg Energie umfangreich zu dem Thema Geothermie in Wilhelmsburg geforscht. Und darum geht es: Bei der Geothermie wird die natürliche Erdwärme genutzt. Dazu wird in die Tiefe gebohrt und eine Geothermie-Anlage errichtet, die heißes Thermalwasser aus einer Tiefe von bis zu 3.500 Metern nach oben holt. Über Wärmetauscher wird die Energie dem Wasser entzogen und in das dezentrale Nahwärmenetz eingespeist. Das abgekühlte Wasser wird zurück in die Erde geleitet. Mit der so gewonnenen Erdwärme sollen unter anderem die neuen IBA-Quartiere Wilhelmsburger Rathausviertel, Elbinselquartier und Spreehafenviertel versorgt werden, perspektivisch soll aber die ganze Elbinsel mit Erdwärme versorgt werden können.
Im Rahmen der Planungen für die Geothermie wurde der Untergrund am Schlengendeich von externen Experten detailliert untersucht. Dabei wurden Erdschichten identifiziert, die einerseits sehr geeignet für die Geothermie sind und andererseits großes Erdwärme-Potenzial aufweisen. Dass auch alles so klappt wie geplant, davon ist Carsten Hansen, Geologe bei Hamburg Energie, überzeugt. „Wir haben viele Untersuchungen gemacht und haben eine gewisse Erwartungshaltung. Wir sind ziemlich sicher, dass das funktioniert.“ Wie gut es aber wirklich werden wird, wisse man erst, wenn man gebohrt habe, frei nach der alten Bergmannsregel: „Vor der Hacke ist es duster!“
Beeinträchtigungen soll es für die Elbinsel nicht geben. „Es wird für die Wilhelmsburger nicht laut werden. Und die Sicherheit ist oberstes Gebot, die Arbeiten werden ständig beobacht“, so Hansen weiter. Läuft alles nach Plan, könnten bereits 2024 die ersten Wohnungen mit Erdwärme aus Wilhelmsburg versorgt werden.
Das Projekt ist ein „Reallabor der Energiewende“, das mit insgesamt rund 22,5 Millionen Euro vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert wird, die Gesamtkosten des Projekts belaufen sich auf circa 70 Millionen Euro.
Weitere Informationen und ein Projekttagebuch gibt es unter www.geothermie-wilhelmsburg.de.
