„Ich wasche keine schmutzige Wäsche in der Öffentlichkeit!“

CDU -CDU-Urgestein Gerhard Peters warnte bereits seit Jahren vor einer Schieflage des Haushaltes. Kritisch zeigte er sich auch des Öfteren gegenüber dem Kurs seiner eigenen Partei.

„Ich wasche keine schmutzige Wäsche in der Öffentlichkeit!“.

Prekärer Haushalt löst parteiinterne CDU-Krise aus.

Um den Haushalt der Gemeinde Neu Wulmstorf ist es nicht gut bestellt: Jahrelange Investitionen in die soziale Infrastruktur (Beispiel: Mehrgenerationenhaus) haben Spuren hinterlassen. Die politische Verantwortung dafür tragen in der Hauptsache die seit Längerem regierende SPD und Bürgermeister Wolf Rosenzweig. SPD-Fraktionschef Tobias Handtke spricht in einer Pressemitteilung selbst von einer prekären Lage. Vor diesem Hintergrund suchten die Genossen den Schulterschluss mit den anderen Parteien – und sorgten für eine handfeste parteiinterne Krise in der CDU.
Einer Informationsveranstaltung des Bürgermeisters zur angespannten Haushaltslage wären laut Handtke lediglich die Abgeordneten von SPD und CDU gefolgt. Diese hätten laut Handtke darüber debattiert, wie man den Haushalt auf sichere Beine stellen könnte. Handtke betont, dass die SPD auch mit den anderen Parteien (UWG, Grüne, Linke und FDP) über dieses Thema zusammenarbeiten wolle. Die SPD weist eine alleinige Kooperation mit der CDU zurück, obwohl es eine schriftliche Auflistung der Maßnahmen zur Konsolidierung gegeben habe. „Eine Vereinbarung zwischen SPD und CDU schriftlich zu fixieren, war ausdrücklich der Wunsch der CDU. Das wird nun öffentlich von der CDU kritisiert? Die Umkehrung von Tatsachen irritiert dabei nicht nur die SPD, sondern wohl selbst auch einzelne Mitglieder innerhalb der CDU“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende. Mit dieser Aussage bezog er sich auf Turbulenzen in der CDU. Auf einer CDU-Sitzung am 25. September soll es laut CDU-Urgestein Gerhard Peters, der bereits seit Jahren vor einer zu hohen Verschuldung der Gemeinde gewarnt hatte, zum Knall gekommen sein. „Gerichtet auf das Haushaltproblem habe ich für die CDU erklärt, dass wir im Interesse unserer Gemeinde bei der Lösung der Haushaltsprobleme mitwirken werden. In diesem Zusammenhang habe ich die Frage aufgeworfen, warum nur die CDU ein schriftliches Angebot bekommen hat. Dass das ein Wunsch von der CDU gewesen sein soll, ist nicht mit der Fraktion abgesprochen gewesen; Malte Kanebley hat den Vereinbarungsentwurf als Vorschlag der SPD dargestellt. Als die Fraktion den Vorschlag mehrheitlich abgelehnt hat, ist er als Fraktionsvorsitzender – überraschend für die Anwesenden – zurückgetreten“, erinnert sich Peters an die Sitzung zurück. Zur SPD-Stellungsnahme findet Peters ebenso deutliche Worte. „Es liegt nahe, dass die SPD- Presseerklärung vom Finanzdesaster in Neu Wulmstorf ablenken soll, für das die CDU mit ihren 8 Fraktionsmitgliedern nicht die tragende Rolle gespielt hat. Dass alle Parteien jetzt das SPD-Angebot bekommen sollen, finde ich richtig – aber es wirkt von der SPD nachgeschoben – da die Erklärung 3 Wochen gedauert hat. Das hat doch nichts mit der CDU zu tun. Offenbar hat man in der SPD erkannt, dass es nicht dem korrekten Demokratieverständnis entspricht, wenn man die kleinen Parteien ausgrenzt, den Fachausschussberatungen vorgreift und damit auch eine breite Öffentlichkeit außen vor lässt“, sagt Peters. Von der SPD als die Partei mit fast absoluter Mehrheit inklusive Bürgermeister müssen Vorschläge kommen, damit der Haushalt möglichst schnell wieder ausgeglichen und damit genehmigungsfähig wird, und zwar ohne Steuererhöhung. Neu Wulmstorf habe kein Einnahmenproblem, aber ein großes Ausgabenproblem, so Peters. Dass der erfahrene Politiker mit seiner kritischen Sicht der Dinge nicht auf Gegenliebe stieß, wurde auf der CDU-Sitzung am 16. Oktober deutlich. Zwar habe es eine Aussprache gegeben, über deren Inhalt wurde Stillschweigen vereinbart. Bei der Wahl zum Fraktionsvorsitz konnte sich Kanebley mit 6:2-Stimmen durchsetzen. Immerhin: Peters gab eine persönliche Stellungsnahme ab: „Die Fraktion ist m.E. den Mitgliedern des CDU-Ortsverbandes in Neu Wulmstorf eine Erklärung über die Gesamtsituation der politischen Arbeit schuldig. Dabei sollten die Positionen klargemacht werden, wofür die CDU in Neu Wulmstorf steht. Dazu gehören: Umsetzung des Wahlprogrammes, Zwischenbilanz, Pressearbeit, Stellungnahme zum desolaten Haushalt, Finanzsituation und Informationen über die Ortsentwicklung inklusive der aktuellen Bebauungspläne. Fruchtbare Diskussionen in der Sache sehe ich als notwendig an, um eine entsprechende Wahrnehmung bei den Bürgerinnen und Bürgern unserer Gemeinde zu erreichen.“
Auch CDU-Urgestein Heiner Schönecke meldete sich kritisch zu Wort: „Leider hat die Fraktion am gestrigen Abend nicht die Kraft für einen politischen Neuanfang gehabt. Ich erwarte nun einen offenen politischen Diskurs zu der desolaten Haushaltslage Neu Wulmstorfs, zur A26 und einer Ortsumgehung Rübke, der Ortsumgehung Elstorf und zur Entwicklung der Gemeinde Neu Wulmstorf, hier speziell Elstorf und die Waldsiedlung. Der Ortsverband muss dafür Sorge tragen, dass die Kungeleien über Ratsentscheidungen in Hinterzimmern beendet werden und die Fraktion muss sich der öffentlichen Diskussion im Ortsverband stellen. Die Fraktion ist mit dem Wahlprogramm der CDU Neu Wulmstorf angetreten und gewählt worden! Diese Vorgaben sollten zumindest Richtschnur für 5 Jahre sein. Persönliche Interessen müssen zurückstehen! Die gewählten Bundes-, Landes- und Kreispolitiker müssen stärker die Neu Wulmstorfer Interessen in ihren Gremien vertreten. Sie müssen sich verstärkt in die Fraktion bringen, damit ein weiterer Absturz der CDU bei der kommenden Kommunalwahl verhindert wird!“ Und was sagt Kanebley zu der ganzen Sache? „Ich wasche keine schmutzige Wäsche in der Öffentlichkeit!“, antwortet der alte und neue CDU-Fraktionsvorsitzende. Ausschlaggebend für seinen Rücktritt am 25. September sei eine interne Sachfrage gewesen, die entfernt mit der Haushaltslage zu tun gehabt habe. Man müsse doch sehen, dass die CDU oft dem Haushalt zugestimmt habe. Die CDU trage also eine gewisse Mitverantwortung für den aktuellen Haushalt“, ließ sich Kanebley immerhin noch entlocken.