Burgberg in Rönneburg, eine heruntergekommene Attraktion

pm -Der Burgberg muss attraktiver gestaltet werden. Darin sind sich (v.l.) Günter Bosien Martin Hoschützky Sybille Meyer und Rainer-Maria Weiß (hier am Fuß des Burgbergs vor dem Absperrgitter) einig

Burgberg in Rönneburg, eine heruntergekommene Attraktion.

Neue Initiative: Bodendenkmal muss sicher zugänglich sein.

Zu seinen Füßen liegen der in Ante-Corona-Zeiten gerne frequentierte Gasthof „Rönneburger Park“ oder auch die Ex-Wirkungsstätte der international hoch angesehenen und im Jahr 2009 verstorbenen Konzeptkünstlerin Hanne Darboven; nicht zuletzt ist es die Keimzelle des Ortes: Der Burgberg in Rönneburg, ein Dorf, das 1233 erstmals urkundlich erwähnt wird. Viele mögen sich wohl noch keine Gerdanken über den geschichtlichen Kern dieses – aus heutiger Sicht – Hügels gemacht haben, der jedoch vor 1000 Jahren eine mit an Sicherheit grenzende strategische Bedeutung für politische und kriegerische Auseinandersetzungen hatte. Wie die Bezeichnung es vermuten lässt, hat hier einmal tatsächlich eine Burg gestanden, die Rönneburg, am Ufer des gleichnamigen Baches. Wohl keine imposante Ritterburg, doch immerhin so bedeutend, dass sie in einem Atemzug mit der Mellingburg, der Horeburg (mit der die Rönneburg eine Sichtachse verbindet), den Erdwällen am Falkenberg oder gar der Hammaburg genannt werden kann.
„Wenn man heute einen Mittelpunkt für Rönneburg suchen möchte, dann gibt es nur einen: den weithin sichtbare Burgberg. Er ist topografisch eine Besonderheit, ragt er doch steil aus einer Flottsandplatte heraus“, weiß Günter Bosien, seit 40 Jahren in Rönneburg zuhause und engagierter Ansprechpartner vor Ort in Belangen Rönneburgs. Äber dessen historische Bedeutung weiß man nicht allzu viel, um nicht zu sagen wenig. Das bestätigt auch Rainer-Maria Weiß, Landesarchäologe und Direktor des Archäologischen Museums Hamburg. In den Archiven des Museums fehlt jegliche schriftlichen Überlieferung, auf die man sich berufen könnte, gleichwohl sei es „eines der bedeutendsten Bodendenkmäler Hamburgs“, erklärt Weiß. Er ist sich mit Günter Bosien einig: Der Burgberg wird heute unter Wert gehandelt, da müsste etwas unternommen werden. Von der Burg (vorauassichtlich 9-11 Jahrhundert) ist unverändert – zumindest für das Auge des Archäologen – der Ringwall (aus Holzpalisaden) erhalten. Den Geheimnissen, die der Burgberg bisher noch nicht preisgegeben hat, möchte Weiß auf die Spur kommen. Das Archäologische Museum hat für das nächste Jahr eine sechswöchige Forschungsgrabung ins Auge gefasst. Es wäre die erste Grabung seiner Amtszeit in Harburg, „bei der uns nicht Architekten, Bauunternehmer und schweres Baustellengerät im Nacken sitzen“, freut sich Weiß bereits jetzt.
Heute ist der Burgberg ein beliebtes Ausflugsziel und über ihn, 50 m hoch, führt auch der gerne genutzte, weil kürzeste Schulweg. „Um so bedauerlicher ist es, dass die Begehbarkeit des Burgbergs immer noch stark eingeschränkt ist“, ärgert sich Bosien. Martin Hoschützky, Fachsprecher der CDU-Fraktion im Regionalausschuss Harburg und stellvertretender Vorsitzender im CDU-Ortsverband Harburg-Süd, erläutert die politischen Bemühungen in Sachen Burgberg: „Schon vor drei Jahren hat die CDU-Fraktion die Sanierung der Treppenanlagen zum Burgberg bei der Verwaltung angemahnt. Das Ergebnis: Die Verwaltung hat bei einer Begehung den Reparaturbedarf bestätigt und ein Sanierungskonzept angekündigt. Seitdem ist nichts passiert, außer dass nun neben gesperrten Treppenanlagen auch vermoderte Sitzbänke und überfüllte Mülleimer das Bild prägen. Insgesamt macht der Bereich einen ungepflegten, verwahrlosten Zustand.“ Das sei ein unhaltbarer Zustand, moniert er. Vor den Treppenaufgängen sind dann von der Verwaltung Absperrgitter platziert worden, an denen mittlerweile Trampelpfade vorbei führen, eines ist gänzlich verschwunden, ebenso wie eine Sitzbank oben auf dem Berg, von dem man bei guter Sicht seine Blicke bis zur City Nord oder zur Elbphilharmonie schweifen lassen kann. Indessen verrotten die hölzernen Stufen – ausgediente Bahnschwellen, die vor über 60 Jahren verlegt wurden – sehenden Auges. 2019 hatte Jürgen Heimath, damals Vorsitzender der SPD-Fraktion in der Bezirksversammlung, angekündigt, dass 50.000 Euro aus diversen Töpfen für eine Sanierung zur Verfügung stünden. „Passiert ist bis heute nichts“, bedauert Hoschützky, selber in Rönneburg zuhause, und fordert: „Es wird höchste Zeit, dass der Hamburger Senat und die Harburger Verwaltung dafür sorgen, den Burgberg in Kürze zu sanieren.“
Zunächst aber müsse eine konkrete Kostenaufstellung erfolgen, dann könne man auch die übergeordneten Behörden – zum Beispiel die Kulturbehörde – ins Boot holen, die man als Geldgeber natürlich benötige, rät Weiß. Zusammen mit den Ergebnissen seiner Grabung könne der Burgberg dann ins rechte Licht gerückt werden, hofft er, macht aber auch deutlich, dass das Museum selbst keinen Antrag für die fälligen Sanierungsarbeiten stellen, sondern diese lediglich anschieben könne. „Bodendenkmäler müssen sicher zugänglich sein“, betont Weiß. Deshalb müsse ein entsprechender Antrag in der Bezirksversammlung auch mit der klar in den Vordergrund gestellten Bedeutung dieses Bodendenkmals für Hamburg argumentieren. Aber auch darin war man sich bei einem Vor-Ort-Termin am Mittwoch einig: Corona-Zeiten, in denen Kunst und Künstler besonders leiden, sind schlechte Zeiten für einen derartigen Vorstoß. Bis es soweit ist, habe die Bezirksverwaltung genügend Zeit, sich erneut mit der Materie zu befassen, hofft Bosien.
Nach bisherigen Erkenntnissen wurde im frühen oder hohen Mittelalter die Kuppe des Berges abgeplattet und vermutlich mit einem Wall aus Holzpalisaden und Erde umringt. „Die Rönneburger haben zu ihrem Berg ein enges, beinahe inniges Verhältnis“, weiß Bosien und zitiert ein Gedicht von 1958, in dem die Burg, die, als sie noch stand, die Rönneburger beschützte: „…als Kaiser Karl mit seinem Schwerte das freie Sachsenland verheerte.“ Ausgrabungen, die das bezeugen könnten, wurden nie durchgeführt. Auch kennt man kein Adelsgeschlecht mit Bezug zu dem Berg. Wie wir in dem Buch, eine Veröffentlichung des Helms-Museums mit dem Titel „Die Kunst des Mittelalters in Hamburg. Die Burgen.“, herausgegeben von Ralf Busch (Vorgänger von Rainer-Maria Weiß) auf Seite 38 lesen, war die Wallanlage annähernd rechteckig und maß 97 x 43 m mit einem einzigen Torzugang auf der Westseite, auf den eine Wegrampe zuführte. Und: „Der Wall der Hauptburg war 1934 noch etwa 2 m hoch erhalten. Von einer Innenbebauung ist nichts bekannt…“
Der Burgberg wurde 1941 zum Naturdenkmal erklärt. Hintergrund dieser Aktion war, den Bauern die Sandabfuhr aus dem Berg endgültig zu untersagen. 1960/61 kaufte dann die Stadt der Realgemeinde Rönneburg, einem Zusammenschluss der ansässigen Bauern, den Berg für 100.000 DM ab. An seinem Fuß wohnt heute Sybille Meier. Der Großvater ihres Mannes, Christian Meyer, habe sogar von einem Stollen erzählt, den es während des 2. Weltkriegs im Burgberg gegeben habe. Stoff für Spekulationen… Ganz konkret hingegen ist die Ankündigung von Rainer-Maria Weiß: Das Achäologische Museum Hamburg in Harburg zeigt ab 24. November eine Ausstellung über ehemalige Burgen in Hamburg.