Verwaltung stellte Planungen für Harburg 72 vor

So könnte die Bebauung von Harburg 72 aussehen.Foto: Bezirksamt

„Das ist ein anderer Schnack!“
Verwaltung stellte Planungen für Harburg 72 vor

(mk) Harburg. Stück für Stück wird der Harburger Binnenhafen aus seinem jahrzehntelangen Dornröschenschlaf gerissen. Auf der letzten Sitzung des Stadtplanungsausschusses am 18. September stellten Fachamtsleiter Hans Lied vom Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung

Fachamtsleiter Hans Lied vom Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung stellte die Planungen mit vor. Fotos: mk

und sein Stellvertreter Heinz-Jürgen Rook die Planungen für die Baufelder Heimfeld 45 und 46 erstmals vor.
Vorrangiges Ziel sei die Schaffung von Wohnraum. Bisher wäre nach den alten Bestimmungen an diesen Standorten Wohnbebauung aufgrund des hohen Lärmpegels kaum erlaubt gewesen. Aber die Zeiten ändern sich. Erste Ergebnisse einer lärmtechnischen Untersuchung würden laut Lied darauf hinweisen, dass die Gegend am Kanalplatz für die Verhältnisse im Harburger Binnenhafen relativ ruhig sei. Hier wäre Wohnungsbau am ehesten vorstellbar. Tolerantere Auslegungen von Lärm-Emissionen durch die neu geschaffene Baurechtskategorie „Urbanes Gebiet“, die ein Nebeneinander von Wohnen, Freizeit und Gewerbe erlaube, machen es möglich. Nach dem bislang geltenden Baurecht lautete das Verhältnis auf diesem Areal 35 Prozent Wohnungsbau gegenüber 65 Prozent Gewerbe. Im neuen Wohnviertel Harburg 72 wäre hingegen ein Mix aus 90 Prozent Wohnen und zehn Prozent Gewerbe denkbar, erläuterten Lied und Rook.
Beide betonten, dass man mit dieser Aufteilung in eine neue Phase eintrete. Rook: „Das ist ein anderer Schnack!“ Damit würde in dieser ziemlich stillen Gegend vor allem abends endlich mehr Leben einkehren, so Rook. Beide erinnerten auch daran, dass dem Bezirk in der jüngeren Vergangenheit von Investoren einige Wohn-Projekte für diese Fläche angeboten worden seien.
Um den Abgeordneten des Stadtplanungsausschusses gleich vor Augen zu führen, wie es in ein paar Jahren dort aussehen könnte, wurde flugs eine Visualisierung der Architektengesellschaft Limbrock Tubbesing zu einer Bebauung an der Ecke Kanalplatz/westlicher Bahnhofskanal vorgestellt. Es zeigt eine massive mehrgeschossige Immobilie. Bislang sollte hier ein 65 Meter hoher Klotz realisiert werden, was auf die Kritik der Parteien gestoßen war. Laufe alles nach Plan, dann würde bereits im 2019 der Bebauungsplan zugunsten von Harburg 72 geändert werden.
Aber soweit ist es noch nicht. Ein Aspekt ließ die anwesenden Politiker zunächst hellhörig werden. Einige Flächen von Harburg 72 gehören zur Keimzelle von Harburg. Will heißen: In den Erdschichten schlummern zahlreiche Überreste des alten Harburgs, die noch der Entdeckung durch Archäologen harren. Die Grabungen sind für diese Areale vorgeschrieben. Da man kaum Investoren fände, die dafür finanzielle Mittel bereitstellen würden, habe man sich um Geld aus der Förderung für Integrierte Stadtteilentwicklung (RISE-Mittel) bemüht. Diese wurden bislang eigentlich nur bewilligt, wenn es um die Steigerung der Attraktivität von Quartieren ging. Bau-Dezernent Jörg-Heinrich Penner klärte auf: Um mögliche Bodendenkmäler zu erforschen, wolle man RISE-Mittel in Anspruch nehmen. Es seien Mittel des städtebaulichen Denkmalschutzes. Überdies wolle man auf der Fläche keine gigantischen Bauten, sondern eher eine feinkörnige städtische Randstruktur realisieren, erklärte Penner. Das ansässige Gewerbe erhalte Bestandsschutz, beispielsweise wolle man die Firma Segelmacher Raap auf keinen Fall vertreiben, versicherte Lied.
Nach der Vorstellung kritisierte die Abgeordnete der Neuen Liberalen, Isabell Wiest, die nach ihrer Auffassung zu massive Bebauung. Zudem würde Harburg 72 nicht die Kriterien eines urbanen Gebietes erfüllen. Ihr Parteifreund Kay Wolkau ergänzte, dass er sich für die Ecke Kanalplatz/westlicher Bahnhofskanal eher einen kleinen Park wünsche.
CDU-Fraktionschef Ralf-Dieter Fischer nannte Bedingungen für die Zustimmung seiner Partei zu Harburg 72. Unter anderem befürworte man die Entwicklung eines architektonisches Gesamtkonzeptes, den Erhalt des Charmes des Binnenhafens (Bestandsschutz für Dienstleister und Gewerbe sowie die weitere Abhaltung von Veranstaltungen auch am späten Abend usw.) und keine Beeinträchtigungen der Drehbrücke.
Die SPD-Bezirksabgeordnete Dagmar Overbeck widersprach Fischer – ihre Fraktion sei gegen eine einheitliche Bebauung.