„Ein originelles Verhältnis zu Wahrheit“

pm -Ganz entspantt in der 2. Reihe: der ehemalige Vorstandsvorsitzende Heinz Lüers (li.).
Andreas Sommer: „Worin liegt die eigentliche Rolle des Managements? Im intelligenten Reagieren auf Veränderungen.Dieses Zitat vom französischen Journalisten und Politiker Jean-Jacques Servan-Schreiber erklärt recht genau was uns bewegt.

„Ein originelles Verhältnis zu Wahrheit“.

Tagesthemen-Moderator Ingo Zamperoni Gastredner bei Jahresempfang.

Dass der US-Präsident Donald Trump im aktuellen Politikbetrieb Werte und Usancen, über die teils sogar weltweit Einigkeit herrschte, über den Haufen wirft, darin ist man sich grenzüberschreitend einig. Manche meinen sogar, dass es „Trump first“ und nicht, wie der Präsident stets betont, „America first“ heißen müsste. Was aber bedeutet das für den Rest der Welt, für Europa im Speziellen und Harburg im Besonderen? Antworten auf diese Fragen versuchte der Tagesthemen-Moderator Ingo Zamperoni. Er war am 7. Februar Gastredner der Sparkasse Harburg-Buxtehude bei ihrem alljährlichen Jahresempfang im Privathotel Lindtner. „Wie geht man mit so jemand um?“, so seine rhetorische Frage, angesichts von Bluffs und Lügen aus dem Weißen Haus.

pm -Ingo Zamperoni: Trump wirft anerkannte Werte über den Haufen.

Zamperoni hat ein sehr enges Verhälnis zu den USA: Er war dort ARD-Korrespondent und seine Frau (sie hat für Clinton gestimmt) ist Amerikanerin. Folglich ist Zamperonis Amerika-Bild auch fundierter und differenzierter als das manch eines Europäers. Der Gast scheute sich nicht, auch Einblicke in die politische Einstellung von Familienmitgliedern zu geben – der Schwiegervater, anders als seine Tochter, war Trump-Wahler. Der politische Bruch läuft, typisch amerikanisch, durch die gesamte Familie. Die Erkennntis daraus: Nicht zuletzt sei die Wahl von Trump auch der Ausdruck von tiefen Gräben, die die USA insgesamt spalten. Während die einen, die Demokraten, den Kompromiss als Basis der Demokratie definieren, interpretiere ihn Trump als Zeichen der Schwäche. Das habe nicht zuletzt zu den verhärteten Fronten in der Politik geführt. In der Praxis bedeute das: Wettbewerb der Stärke gegen Brückenbauer. In den Reihen der Republikaner stoße diese Vorgehensweise unverändert auf 90 Prozent Zustimmung.

pm -Waren auch unter den Gästen (v.l.): Ex-Bezirksamtsleiter Torsten Meinberg Uwe Schneider Kreisvorsitzender CDU und Abgeordneter in der Bezirksversammlung gemeinsam mit Brit-Meike Fischer-Pinz (ebenfalls CDU-Bezirksabgeordnete) und der CDU-Fraktionsvorsitzende Ralf-Dieter Fischer.

Auf der anderen Seite müsse man auch anerkennen, dass Trump bisher genau das umgesetzt habe, was er angkündigt habe, wobei der Präsident ein „originelles Verhältnis zu Wahrheit“ habe, so Zamperoni mit einem vieldeutigen Grinsen. Auf der Haben-Seite stünde indessen ein Wirtschaftswachstum von 3-4 Prozent und verbunden damit zahlreiche neue Arbeitsplätze. Ein weiterer Eckpfeiler trumpscher Politik sei nicht zuletzt das Bemühen, die Gesetze aus der Obama-Zeit rückgängig zu machen, Beispiel: Obama-Care. Seine Art, Politik zu machen, entspreche ganz der Vorgehensweise eines Deal-Makers, der er in der Finanzwirtschaft war, Motto: je rüpeliger, desto besser. Generell seien die Amerikaner, was sich auch an der Börse ablesen ließe, jedoch – auch bei Wahlen – viel risikofreundicher, während man sich in Deutschland eher konservativ verhalte.
Zamperoni hält die Wiederwahl von Trump für sehr wahrscheinlich. Deshalb warnte er davor, nur von Chaos im Weißen Haus zu sprechen. Erschreckend sei allerdings die mittlerweile gereifte Erkenntnis, dass dem US-Präsidenten Europa „ziemlich egal“ sei. Sich selbst aber bei all seinen Erfolgen, oder was er dafür halte, als Genie zu bezeichnen, sei dann doch etwas weit hergeholt.
Fakt sei: Der Ton sei in Amerika rauer geworden und Trump habe in seiner Vorgensweise auch nicht davor zurückgeschreckt, selbst die NATO zu brüskieren. Von seinem Twitter-Getöse solle man sich aber nicht ablenken lassen. Selbst wenn Trump gewaltig polarisiere, sei er nicht 1:1 America, betonte Zamperoni. Gleichzeitig machte er auch deutlich, dass die Erlasse, die er fernsehwirksam unterschreibt, keine Gesetzeskraft hätten und problemlos von einem Nachfolger wieder kassiert werden könnten.
Nach Zamperonis Einschätzung verliert die Welt infolge der Trump-Politik viel Zeit – zum Beispiel im Klimaschutz. Deutschland und Europa wären gut beraten, sich nicht künstlich über Trump aufzuregen, selbst wenn er uns allen das leicht mache. Vielmer wäre es angebracht, sich nüchtern und sachlich der Herausforderung zu stellen: „Jetzt erst recht.“ Seine Ausführungen beendete er mit dem bon mot: „Intelektuell ist Trump nicht auf der Flughöhe seines Vorgängers Obama unterwegs.“ Auch deshalb müsse man nicht über jedes Stöckchen springen, was Trump der Welt hinhält.
Zuvor hatte Andreas Sommer, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Harburg-Buxtehude, zahlreiche Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft im großen Lindtner-Festsaal begrüßt. Rückblickend auf das vergangene Jahr sagte er: „Neben der Verabschiedung von Heinz Lüers“, der erstmals ganz entspannt in der zweiten Reihe saß, „stand das vergangene Jahr ganz im Zeichen unseres 175-jährigen Jubiläums. Die Teams vor Ort haben sich tolle Aktionen überlegt, um mit Ihnen, unseren Kunden, an unseren 21 Standorten zu feiern. Darüber hinaus haben wir anlässlich unseres Jubiläums unsere Stiftungen mit 1,75 Mio. Euro aufgestockt. Auf diese Weise verbinden wir unternehmerischen Erfolg mit gesellschaftlicher Verantwortung.“ Dazu gehöre auch, dass man seine Steuern vor Ort bezahle, was zwar wenig sexy, aber redlich sei.
Fortschreitende Digitalisierung, verändertes Kundenverhalten, zunehmende Anforderungen durch die Regulatorik oder auch die immer noch vorherrschende Niedrigzinsphase seien alles Themen, „denen wir tagtäglich begegnen, deren Bedeutung wir einordnen können und die auch Sie – unsere Kunden – bewegen“, sagte er weiter und fuhr fort: „Die Sparkasse Harburg-Buxtehude ist dank harter und bodenständiger Arbeit in den zurückliegenden Jahren gut gerüstet. Wir blicken zuversichtlich in die Zukunft. Das Ergebnis aus dem Jahr 2018 kann sich auch deshalb sehen lassen: Im Kreditgeschäft konnten wir Zuwächse von 5% erzielen und kratzen nun an den 4 Milliarden Euro Bilanzsumme. Unsere Provisionserträge haben wir weiter ausgebaut und bei unseren Kosten sind wir trotz vieler getätigter Investitionen deutlich unter unseren Planwerten geblieben.“ Und: „Wenn ich unsere Sparkasse als zukunftsgerichtet bezeichne, dann meine ich: Die Zukunft beginnt jetzt, heute, in diesem Moment.“ Das Stichwort Zukunft aufnehmend fuhr Sommer fort: „Es darf aber aus meiner Sicht nie dazu kommen, dass Sparkassen zum Spielplatz politisch getriebener Eitelkeiten werden! Auch wir können nicht ausschließen, dass wir in den nächsten 5-10 Jahren wieder über eine Fusion sprechen. Solch einem Prozess würden wir uns wie gewohnt aus einer Position der Stärke heraus stellen. Doch bis es eventuell dazu kommt, konzentrieren wir uns weiter allein auf unseren partnerschaftlichen Umgang, den wir hier vor Ort pflegen: mit unseren Trägern, mit den Mitbewerbern, die teils aus unserer eigenen Finanzgruppe kommen, und natürlich an erster Stelle einen partnerschaftlichen Umgang mit Ihnen, unseren Kunden.“