LIG bleibt dabei: Zahlreiche Mikrowohnungen auch zukünftig in Harburg

SPD -Frank Richter: Der LIG hat unsere Intention missverstanden. Wir werden eine Stellungnahme zur Stellungnahme erarbeiten.

LIG bleibt dabei: Zahlreiche Mikrowohnungen auch zukünftig in Harburg.

SPD: Einer Monostruktur-Entwicklung entgegengewirken.

„Die Bezirksverwaltung würde mit dem Beschluss, den Bau von Mikrowohnungen nicht mehr zu genehmigen, eine Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern – u. a. nämlich Studierende und Auszubildende – massiv benachteiligen und vom Wohnungsmarkt ausschließen… Der vorliegende Beschlussantrag würde zudem die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag nicht unterstützen, wonach mindestens 2.500 neue Wohnheimplätze für Auszubildende in den nächsten zehn Jahren in Hamburg entstehen sollen, und den bereits beschlossenen Ausbau von Wohnheimkapazitäten des Studierendenwerkes Hamburg für Studierende und Auszubildende um 2.000 Plätze bis zum Jahr 2035.“ Das ist die Quintessenz der Antwort des Landesbetriebs Immobilien und Grundstücke (LIG) auf einen SPD-Antrag in der Bezirksversammlung.
Mikrowohnungen sind nach der Definition der Stadtentwicklungsbehörde „flächenoptimierte Wohnungen“ mit einer Größe von 20 – 30 qm, die über einen Wohn- Schlafbereich, ein Duschbad und eine Kochgelegenheit verfügen. In der Regel werden diese Wohnungen möbliert vermietet und ebenso häufig – erläuterte die SPD-Fraktion – auch als Studierendenappartements geplant und (überwiegend) auch genutzt. Auch in Harburg seien in den vergangenen Jahren Mikroappartements – zumeist mit der vermeintlichen Zielgruppe Studierende – entstanden. Frank Richter, SPD-Fraktionsvorsitzender: „Beispielhaft hierfür stehen die ehemaligen Verwaltungsgebäude in der Knoopstraße und das ehemalige Phoenix-Verwaltungsgebäude.“ Beide Vorhaben wurden dem Bezirk und der Bezirksverwaltung, wie Richter weiter erläuterte – bei den ehemaligen Phoenix-Verwaltungsgebäuden jedenfalls teilweise – „als Studierendenappartements angepriesen. Leider werden sowohl die Appartements an der Knoopstraße als auch die als Studierendenappartements vorgesehenen Mikrowohnungen an der Hannoverschen Straße nicht zielgruppenspezifisch, sondern – mit einem erheblichen Preisniveau – allgemein als möblierter Wohnraum angeboten“, bedauert er.
Weitere Projekte dieser Art waren oder sind u.a. in der Lüneburger Straße und auf dem Gelände des ehemaligen Harburg-Centers am Harburger Ring vorgesehen, wobei dort eine Mischnutzung mit „normalen“ Wohnungen erfolgen wird. Auch im Phoenix-Viertel werden derzeit Mikrowohnungen geplant und errichtet.
Mikrowohnungen hätten das Problem, so die SPD weiter, „dass sie auf eine sehr enge Zielgruppe ausgerichtet sind. In aller Regel werden Mikrowohnungen als Übergangswohnungen genutzt und weisen daher eine hohe Fluktuation auf. Im Verhältnis zu normalem Wohnraum liegen die Quadratmeter-Mietpreise für diesen möblierten Wohnraum in der Regel auch oberhalb der ortsüblichen Mieten. Mikrowohnungen führen zum einen in den Gebäuden selbst zu einer Monostruktur, haben allerdings auch eine monostrukturelle Wirkung auf die Umgebung und das Quartier, wenn Mikrowohnungen in großer Anzahl vorhanden sind.“
Langfristig würden Mikrowohnungen das strukturelle Problem, „dass bei einer Änderung des Bedarfs Leerstände entstehen, da sie auf einen sehr spezifischen Bedarf zugeschnitten sind und eine anderweitige Nutzung nur eingeschränkt möglich ist.“ Auch die im Jahr 2019 veröffentlichte Studie ‚Wohntrends 2035‘, die im Auftrag des Bundesverbandes der Deutschen Wohnungs- und Immobilienunternehmen erstellt wurde, zeige, dass es auch andere Trends gibt, die schnell dazu führen können, das Mikrowohnungen nicht oder nur noch eingeschränkt nachgefragt werden.
Um gemischte Quartiere zu erhalten, sei es daher erforderlich, „dass einer Monostruktur-Entwicklung entgegengewirkt wird.“
Deshalb sollten auf Wunsch der SPD zukünftig Wohnungsbau-Projekte im Bereich der Harburger Innenstadt, die ausschließlich den Bau von Mikrowohnungen zum Inhalt haben, nicht genehmigt werden, soweit die Bezirksverwaltung baurechtlich Einfluss nehmen kann, z.B. weil die Aufstellung geänderter Bebauungspläne oder Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans erforderlich sind. Der Vorsitzende der Bezirksversammlung Jürgen Heimath und die Bezirksverwaltung würden im Übrigen auch gegenüber dem LIG darauf hinwirken, „dass bei der Vergabe städtischer Grundstücke und Gebäude zukünftig eine Vergabe zum Bau von Mikrowohnungen nicht mehr erfolgt.“
Jetzt hat die Finanzbehörde diesem Antrag den Wind aus den Segeln genommen. Denn maßgebend in wohnungspolitischer Hinsicht sei bei den Diskussionen das Ziel, „Quartiere und Projekte zu schaffen, die Interessen und Bedarfe unterschiedlicher Nutzergruppen berücksichtigen, indem eine gesunde Durchmischung und damit Raum für Wohn-, Arbeits- und Begegnungsstätten geschaffen werden, um so eine individuelle Vielfalt, die natürlich auch Wohnungen für 1-2-Personen umfasst, zu gewährleisten. Eine Vergabe mit 100 % Mikrowohnungen ist dabei in der Vergangenheit nicht Gegenstand von Ausschreibungen oder Grundstücksvergaben gewesen.“
„Die LIG hat die Intention unseres Antrags nicht verstanden“, ärgert sich indessen Frank Richter, oder es liege ein Missverständnis vor. Damit sei auch die falsche Argumentation des LIG zu erklären. Der SPD liege mitnichten die Intention zugrunde, grundsätzlich Mikrowohnungen im Bezirk zu verhindern. Dagegen habe niemand etwas, allerdings müssten sie zur Schaffung von stabilen Strukturen in den Stadtteilen – ohne große Fluktuationen – mit beitragen. Immerhin seien 2020 im Bezirk 1000 Mikrowohnungen entstanden.
Das Gelände und ehemalige Phoenix-Verwaltungsgebäude sei vertraglich teilweise für studentische Wohnen vorgesehen gewesen. Entsprechende Umplanungen des Verwaltungsgebäudes zu Studentenwohnungen seien außerdem Bestandteil des 2013 geschlossenen Grundstückskaufvertrages mit der Stadt, so die LIG, und erläutert: „Üblicherweise würden bei solchen Projekten Belegungs- und Nutzungsbindungen vertraglich vereinbart und mit Vertragsstrafen belegt. Miethöhen werden grundsätzlich nicht vereinbart. Es ist hier jedoch zu unterscheiden, ob die Projekte zur Unterbringung von Studierenden in Wohnheimen über das Studierendenwerk, über private Trägerinnen und Träger oder Trägerinnen und Träger im öffentlich geförderten Bereich erfolgt, zumal davon auch die Entscheidung abhängt, ob entsprechende Wohnungen freifinanziert oder im öffentlich geförderten Segment nur nach Maßgabe der Förderzusage der IFB Hamburg belegt werden. Bei Letzterem sind natürlich auch Mietpreisbindungen Vertragsbestandteil.“