„Über 70 Jahre Frieden, was für ein Glück“

W. Marsand -Walter Marsand freut sich über den 70. Geburtstag der Bundesrepublik Deutschland.

„Über 70 Jahre Frieden, was für ein Glück“.

Gedanken von Walter Marsand zu Deutschland.

70 Jahre Grundgesetz und 70 Jahre Gründung der Bundesrepublik Deutschland am 23 Mai 1949 – vor diesem Hintergrund verfasste Walter Marsand einige persönliche Gedanken.
Mai 2019: Marsand sitzt am Frühstückstisch und lässt die kommenden Stunden Revue passieren: „In der Frühe des beginnenden Tages sitze ich mit einer frisch gebrühten Tasse Kaffee auf der Terrasse und blickte in das schöne, direkt hinter dem Haus liegende Brunnenschutzgebiet mit der grünen Blätterwand. Eichhörnchen sprangen von Ast zu Ast, das Klopfen eines Spechtes war zu vernehmen, die Vögel zwitscherten, langsam kam die Sonne durch. Geplant war eine Radtour durch das “Alte Land”, vielleicht noch ein Abstecher zu den Segelfliegern in die Fischbeker Heide. Am Abend würde bei einem Glas Rotwein der Grill zum Einsatz kommen. Es würde wieder ein herrlicher Tag werden. Unsere Kinder und Schwiegerkinder sind auf einem prächtigen Lebensweg, sie konnten Schulen, Universitäten besuchen und die gewünschten Berufe erlernen und ausüben. Den Enkelkindern, Clara, Max, Moritz und Finja geht es in Schulen und einer KITA gut. Über 70 Jahre Frieden, was für ein Glück .“ Der gerade 71 Jahre alt gewordene Rentner und überzeugte Befürworter eines demokratischen und friedliebenden Deutschlands sieht in dem Grundgesetz und der Gründung der Bundesrepublik Deutschland einen Glücksfall der Geschichte, von dem zahllose Völker auf der Welt – leider – nur träumen könnten, so Marsand.
Die Geschichte hätte aber auch anders verlaufen können. Dabei erinnert sich Marsand an die Anfänge seiner Bundeswehrzeit im August 1968. „Meine Kameraden und ich hatten gerade die dreimonatige Grundausbildung als Panzerpioniere in der ,Von Goeben Kaserne‘ in Stade beendet. Bei der Musterung und Untersuchung in der ,Sophienterrasse‘ in Hamburg war ich als ,tauglich für alle Waffengattungen‘ eingestuft worden. Die von mir vor dem Beginn des Wehrdienstes gestellten Anträge auf Wehrdienstverweigerung waren gescheitert. Mit allen mir zur Verfügung stehenden Möglichkeiten hatte ich versucht, den 18-monatigen Grundwehrdienst zu umgehen und einen Ersatzdienst zu leisten. Vergeblich!! Vielleicht hatte man mich auch deshalb den Panzerpionieren zugeordnet, einer Kampfeinheit, der als erste Einsatz – oder Verteidigungstruppe ,ein hohes Maß an Ausfällen‘ sicher war“, mutmaßt Marsand. Für die Jüngeren unter den Lesern muss angemerkt werden, dass der Kalte Krieg im Spätsommer 1968 zu eskalieren drohte. Grund war die im Raum stehende und sich kurze Zeit später bewahrheitende Einmarsch der Warschauer Pakt-Staaten in die damalige Tschechoslowakei, um die dortigen Bestrebungen eines demokratischen Sozialismus mit menschlichem Anlitz zu verwirklichen.?????????????????????????????????????????
Vor diesem Hintergrund wurde auch der junge Soldat Marsand in seiner Kaserne auf den Ernstfall vorbereitet. „Ein teilweises Ausgangsverbot wurde erteilt, Wochenendurlaube oder Spätausgänge waren gestrichen. In Nachtmärschen und Nachtübungen unter ,Ernstfallbedingungen‘ wurden wir, als erste Kampfeinsatztruppe, mit Übungsböllern und Übungslichtblitzen – sie machten uns für Sekunden blind und taub – eingedeckt. In Anlehnung an die Grundausbildung wurde wiederholt, wie mit einem seitlichen Handkantenschlag an die Halsschlagader oder auf den Kehlkopf ein Mensch getötet werden kann. Auch der Klappspaten konnte als tödliche Nahkampfwaffe eingesetzt werden. Auf dem Schießplatz in Agathenburg, kamen Maschinengewehre, Gewehre, Pistolen mit scharfer Munition und Übungsgewehrgranaten sowie Übungshandgranaten zum Einsatz. Auf dem Truppenübungsplatz übten Kampf- und Schützenpanzer sowie Gefechtshaubitzen in Einsatzformationen. Der Sanitätsbereich übte verstärkt die schnelle Bergung und Versorgung von Verletzten im Ernstfall“, weiß Marsand zu berichten.
Gerüchte über einen Kampfeinsatz irgendwo im Harz, in Grenznähe zur DDR hätten die Runde gemacht. Von den Führungsoffizieren wäre mitgeteilt worden, dass mit einer offenen Konfrontation – sprich Kampfgeschehen – zwar noch nicht direkt zu rechnen sei, die Bereitstellung sollte nur ein abschreckendes Warnsignal an der Grenze zur DDR sein, „aber wir sollten auf alles gefasst sein. Was für ein Wahnsinn!! Wir als 19- bis 22-jährige Wehrpflichtige dann mit Gewehren ausgerüstet und in Panzern sitzend, sollten im offenen Feldeinsatz mit Gewehren, Panzerfäusten und Gewehrgranaten auf Menschen schießen, vielleicht selbst verletzt oder getötet werden. Meine Gedanken gingen zu meinem Onkel Walter. Gerade 18 Jahre alt, hatte ihn in Stalingrad eine Granate zerfetzt“, erinnert sich Marsand mit Schrecken.
Am 21. August 1968 rollten dann wirklich russische Panzer durch Prag, circa eine halbe Million russischer, polnischer, ungarischer und bulgarischer Soldaten besetzten alle wichtigen strategischen Punkte in der Tschechoslowakei. DDR-Truppen kamen nicht zum Einsatz, die politische Situation beruhigte sich und der Alarmzustand im militärischen Bereich der BRD wurde zurück gefahren. Eingegangen in die Geschichte ist dieser Vorfall als “Prager Frühling”. Beim Widerstand gegen die Besatzungstruppen kamen angeblich 98 Tschechen und Slowaken, ums Leben, einen Weltkrieg gab es Gott sei Dank nicht. Auch unzählige andere weltweite und nationale Krisen hat die Bundesrepublik Deutschland in 70 Jahren verkraftet. Ich kann es nur noch mal wiederholen: Über 70 Jahre Frieden, was für ein Glück“.