Tjarks erläutert Verkehrspolitik – Senatoren-Bashing blieb aus

pm -Anjes Tjarks: Straßenbauarbeiten ohne dass man es merkt geht nicht

Tjarks erläutert Verkehrspolitik – Senatoren-Bashing blieb aus.

Katwykbrücke ab 6. Dezember wieder für Verkehr frei.

„Wir sind Versuchkaninchen in einem Mobilitätswendeversuch und wir müssen noch viele Hamburger erreichen, um ihn erfolgreich zu gestalten.“ Damit hatte der Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) – er war Gast des Wirtschafsvereins im Privathotel Lindtner – einen ersten Pflock für seine Verkehrspolitik eingeschlagen. Weitere sollten im Verlaufe des Abends folgen.
Das Thema Baustellen und Staus auf den Autobahnen war schnell abgehakt. Das sei Bundesangelegenheit und mithin habe der Senat wenig bis gar keinen Einfluss auf das Geschehen – sagte es und wendete sich dem nächsten Thema zu. Zum Beispiel die Flächenkonkurrenz. Der Senat baue – was zu begrüßen sei – von Jahr zu Jahr mehr Wohnungen, so der Senator weiter. Die Folge davon: Noch mehr Menschen als bisher müssen sich den ohnehin schon geringen Platz, den die – dann noch mehr PKW – Fahrzeuge in Anspruch nehmen, teilen. Deshalb, so folgerte er, bleibe Hamburg nur mobil, wenn mehr Platz erzeugt werde – indem beispielsweise mehr und mehr PKW (etwa zu 35%) aus den Innenstädten verbannt würden. Das habe natürlich auch den Vorteil, dass die CO2-Emissionen reduziert werden – gleichzeitig ein Beitrag in Sachen Klimawandel. Die Umstellung auf E-Mobilität sei diesbezüglich der wichtigste Faktor. Deshalb müsse spätestens 2035 der letzte Verbrenner zugelassen werde. „Eigentlich sollten wir mit dem Thema bis 2030 durch sein“, hatte der Senator gehofft und forderte deshalb zum Erwerb von E-Autos auf. 14 Millionen sollten es bis 2030 schon sein, so Tjarks.
Sein nächstes Thema: Die Sanierung von Brücken und Straßen. Hundert Jahre lang sei diesbezüglich nichts passiert. Besonders die Brückensanierung genieße jetzt eine Top-Priorität. Schon jetzt kündigte der Senator an, dass Brücken über die Norder- und Süderelbe auf der A1 bis 2025 saniert werden müssen. „Auch wenn es manchmal vielleicht nicht danach aussehe, „aber wir in der Verkehrsbehörde haben durchaus einen Plan“, gab der Senator zu verstehen. Dazu gehört beispielsweise, dass eine neue Brücke neben der Freihafenbrücke entstehen wird. Sie soll durch Wilhelmsburg bis zur Süderelbbrücke führen. Das ist aber Zukunftsmusik. Eine weitere Baustelle, die sich ankündigt.
Immerhin: Die Katwykbrücke kann am 6. Dezember für den Verkehr wieder freigegeben werden.
Was die Hamburger bereits wussten, bestätigte er noch einmal: Die Bauarbeiten an der A7 südlich des Elbtunnels werden den Autofahrern auch in den nächsten Jahren unverändert zu schaffen machen. Wenn jetzt nichts unternommen werde, müsse dieser Abschnitt in fünf Jahren vielleicht ganz gesperrt werden. Das aber würde wohl niemand wollen.
Speziell auf Harburg bezogen sagte der Politiker, dass der Bau des neuen ZOB im Mittelpunkt stünde: „Ein spannender Punkt“, wie Tjarks sagte. Wer mit Bus oder Bahn nach Harburg komme, müsse sich auf Anhieb wohl fühlen, stellte er fest. Größte Herausforderung sei der so genannte Doppelknoten. Das heißt: Der (Um)Bau des ZOB kann erst in Angriff genommen werden, wenn die Baustelle an der Kreuzung Hannoversche Straße/Neuländer Straße der Vergangenheit angehört. In drei Jahren soll der neue ZOB dann in Betrieb gehen. Die verkehrlichen Behinderungen würden minimiert, versprach der Senator.
Viel Zeit widmete der Senator dem Thema „Ertüchtigung der S-Bahn“, in Harburg beinahe einen „nationale Aufgabe“, so der Präses der Behörde. Dazu gehöre auch, dass ab 2022, wenn die Arbeiten im City-Tunnel beendet sind, die Haltestellen Rathaus, Heimfeld und Harburg mit „warmer Optik“ ansprechend gestaltet werden. Wichtiger aber sei, endlich mehr Kapazität auf den Linien S3/S31 zu schaffen. Dazu gehört, dass auch die Stellwerke ertüchtigt werden, ebenso wie Signale und Weichen, damit die Langzüge in kürzeren Abschnitten und auch schneller fahren können. Damit wären auch die Voraussetzungen für die Einführung der S32 gegeben, so der Chef der Verkehrsbehörde. 800 Millionen Euro stünden hierfür bereit. Einer U4 nach Wilhelmsburg erteilte er eine Absage und warnte auch vor „Spielereien“ mit einem S-Bahn-Ring bis nach Altona. Den hatte Metin Hakverdi, Harburger SPD-Bundestagsabgeordneter, im Wahlkampf ins Gespräch
gebracht. Von „sehr weit gefassten Plänen“ sprach der Gast des Wirtschaftsvereins.
Nicht zuletzt kam Tjarks auf sein – verkehrstechnisch gesehen – Lieblingskind zu sprechen: Das Fahrrad. Das Veloroutennetzt sei noch ausbaufähig, hieß es. „Wir bauen in der ganzen Stadt“, so der Senator. Als Beispiel nannte er Harburg. Wenn das Netz im Süden der Stadt hergestellt sei, könne man non-stop ab Radeland bis nach Wilhelmsburg auf Protected Bike-Lanes und dann weiter fahren. Diesbezüglich sei Harburg tatsächlich ein Vorreiter.
Franziska Wedemann, 1. Vorsitzende des Wirtschaftsvereins, hatte die 100 Teilnehmer eingangs der Veranstaltung gebeten, auf ein „Senatoren-Bashing“ zu verzichten. Sie hielten sich daran. Verständnisfragen und einige wenig kritische Fragen beendeten diesen Abend, an dem sich Tjarks besonders gelassen gab und verständlich, ohne das Behörden-Deutsch zu bemühen, formulierte. Allerdings: Er war nicht mit dem Fahrrad gekommen.