Thea Dorn: Digitale Dauerbetreuung versus digitale Bevormundung

Sparkasse Harburg-Buxtehude -Thea Dorn: wollen wir uns dieser Entwicklung wirklich ausliefern?

Thea Dorn: Digitale Dauerbetreuung versus digitale Bevormundung.

500 Gäste beim Jahresempfang der Sparkasse Harburg-Buxtehude.

„Der Wettbewerb in Zeiten der Digitalisierung findet um die Schnittstelle zum Kunden statt.“ Da ist sich Andreas Sommer, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Harburg-Buxtehude, sicher. Und: „Die Megatrends der Gegenwart und Zukunft bringen radikale Veränderungen mit sich.“ Andreas Sommer sieht die Sparkasse Harburg-Buxtehude in diesem Wettbewerb aber gut aufgestellt: „Weil es auch im Zeitalter der Digitalisierung um Nähe, Vertrauen und eine nachhaltige Kundenbeziehung geht. Und genau das ist die Grundphilosophie unserer Sparkasse“, betonte er.
Rund 500 Gäste waren zum traditionellen Jahresempfang der Sparkasse Harburg-Buxtehude in das Privathotel Lindtner nach Harburg gekommen. Der Abend stand ganz im Zeichen der Digitalisierung und den damit einhergehenden Chancen und Risiken. Diese nahm die preisgekrönte Journalistin und Philosophin Thea Dorn, die sich selbst als Autorin bezeichnet, in ihrem spannenden Vortrag rund um die Frage von menschlicher Vernunft versus künstlicher Intelligenz unter die Lupe. Durch den abwechslungsreichen Abend führte Moderator Andreas Franik sehr kurzweilig und kompetent.
Zu Beginn seiner Rede stellte Andreas Sommer die Frage, die wohl alle beschäftigt: „Was erwartet uns im nächsten Jahrzehnt, in den „20er Jahren 2.0“. Bei allen Chancen, die die aktuellen Entwicklungen und allen voran die Digitalisierung mit sich bringen, spüre er auch Verunsicherung bei den Menschen.“ Im weiteren Verlauf seiner Rede ließ er dann auch keine Zweifel aufkommen, dass die Megatrends der Gegenwart und Zukunft auch für die Sparkasse viele Herausforderungen und Veränderungen mit sich bringen. Man werde diese allerdings entschlossen anpacken. Fakt sei, so Sommer weiter, dass man es mit Blick auf die Zukunft mit dauerhaft veränderten Marktbedingungen zu tun haben wird. Dafür seien maßgeblich die seit Jahren anhaltende Niedrigzinsphase und die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) verantwortlich. Und daran werde sich in den nächsten Jahren auch nichts ändern. Das müssen wir akzeptieren, egal ob es uns gefällt oder nicht“, so Sommer.
Er machte allerdings auch eines unmissverständlich klar: „Wir dürfen es nicht nur akzeptieren, wir müssen auch reagieren.“ Schließlich gehöre zum verantwortlichen Rundumblick auf die Kundenbeziehungen auch die Verantwortung für die dauerhafte Leistungsfähigkeit der Sparkasse.

Thea Dorn: Der Mensch sollte die Kontrolle über die Maschine behalten.

Im Mittelpunkt des Abends aber stand Thea Dorn. In ihrem Vortrag mit dem Titel „Echte Vernunft versus künstliche Intelligenz“ befasste sie sich mit den spannenden Fragen der Digitalisierung, die den Alltag der Menschen in Zukunft stark revolutionieren wird. Es gebe heute kaum noch einen Lebensbereich, für den kein algorithmisches Hilfsmittel vorhanden sei. „Mobilität, Gesundheit, Ernährung, Fitness, selbst bei der Partnersuche – überall will die scheinbar allwissende Technik dem Nutzer vorschreiben, was für einen am besten ist, wenn er schöner, gesünder und glücklicher werden möchte.“ Allerdings hat Thea Dorn Zweifel, ob die Menschheit damit den richtigen Weg zur „Glückseligkeit“ eingeschlagen hat: „Wenn ich mich umschaue, habe ich nicht den Eindruck, dass die digitale Dauerbetreuung – die bisweilen bereits zur digitalen Bevormundung geworden ist – dazu beigetragen hat, den Menschen gebildeter, selbstbewusster, ausgeglichener, souveräner oder gar glücklicher zu machen.“
Dorn beunruhigt die Schnelligkeit und Leichtfertigkeit, mit der die Menschen Entscheidungen an die Technik übertragen und auf die Fähigkeiten der Maschinen vertrauen. Sie habe immer die Frage nach dem „Warum“ umgetrieben, und das fehle ihr zuweilen. „Ob ich mich heute genügend bewegt habe? Die Lauf-App sagt’s mir! Habe ich genügend Vorräte im Kühlschrank? Er meldet, wenn Milch fehlt. Und Sprachen braucht man auch nicht mehr zu lernen, schließlich gibt es ja Übersetzungsprogramme.“ Ihre Bedenken machte Dorn an einem Beispiel fest. Via Smart-Watch würden, so ihre Befürchtung, Krankenkassen bald über die Möglichkeit verfügen, sich über Gesundheitsdaten ihrer Versicherten zu informieren, ebenso wie über Essgewohnheiten, Sport- oder Cardio-Einheiten. Wer den von den Krankenkassen gestellten Mindestanforderungen nicht genüge, müsse dann damit rechnen, nicht den vollen Schutz der Krankenversicherung zu genießen. Ob man das wirklich wolle?
Thea Dorn ist keine Gegnerin künstlicher Intelligenz, so viel stand nach ihrem halbstündigen Vortrag fest. Vielmehr sei ihr eines wichtig: „Digitalisierung und Automatisierung können eine wertvolle Unterstützung sein. Der Mensch aber muss die künstliche Intelligenz kontrollieren, er darf kein Anhängsel der Maschinen werden. Wir dürfen unseren Verstand nicht an der Garderobe abgeben, wir müssen unser Urteilsvermögen weiter trainieren.“ Gefragt, wann der krtische Punkt erreicht sei, antwortete sie mit einem Beispiel. Wenn sie ein von künstlicher Intelligenz verfasstes Buch lese, ohne feststellen zu müssen, dass es nicht auch genau so auch aus ihrer Feder stammen könne.