Senator nimmt nach Protesten Sauberkeitsgebühr zurück

Senator nimmt nach Protesten Sauberkeitsgebühr zurück
Jens Kerstan: Plötzlich sind städtische Mittel da!

Schilder als Ausdruck eines Wut-Bürgers

(pm) Hamburg/Marmstorf. Jetzt plötzlich ist es möglich: Die „Sauberkeitsoffensive“ des Umweltsenators Jens Kerstan (Grüne) kommt nun doch ohne zusätzliche Gebühr aus. Zu groß war die Kritik der Hamburger und der Opposition in der Bürgerschaft an diesem Gesetzentwurf.
In der Mitteilung der Pressestelle der Behörde für Umwelt und Energie liest sich das anders: (Die) „Einnahmesituation (der Stadt – die Red.) ermöglicht Verzicht auf die zunächst geplante Gebühr.“ Womit sich der Senator entlarvt. Folgt man dieser Argumentation, war nicht eine starke Vermüllung, sprich eine zusätzlich erforderliche Reinigung (bezahlt von den Anliegern) Grund für die neue Gebühr, sondern allein die Suche der Stadt nach einer neuen Einnahmequelle. Aber da nun die Stadt in Geld schwimmt …
Weiter heißt es in der Mitteilung: „Nach der positiven Entwicklung bei den Steuereinnahmen hatte der Senat in der vergangenen Woche den Finanzrahmen angepasst und angekündigt, den städtischen Anteil für die geplante Sauberkeitsoffensive sehr deutlich zu erhöhen. Die Prüfungen und Gespräche zum finanziellen Spielraum haben ergeben, dass die Maßnahmen in Gänze aus städtischen Mitteln finanzierbar sind und deshalb auf die Erhebung einer Gebühr verzichtet werden kann. Die Sauberkeitsoffensive startet wie geplant und ohne Abstriche zum 1. Januar 2018.“
Der Umweltsenator Jens Kerstan (51) erklärte dazu: „Wir wollen dafür sorgen, dass sich die Sauberkeit in Hamburg sichtbar verbessert, dass Straßen, Parks und Plätze sauberer werden. Und zwar nicht nur im Zentrum, sondern in allen Stadtteilen und vor allem dauerhaft. Sauberkeit ist eine Frage der Lebensqualität und auch der sozialen Gerechtigkeit – nicht alle Menschen haben eigene Gärten oder Balkone, deshalb müssen Straßen, Parks und Plätze trotz der Verdichtung unserer Stadt sauber und lebenswert bleiben.
Am Dienstag dann die Nachricht: „Wir können heute die gute Nachricht verkünden, dass die Sauberkeitsoffensive wie geplant und ohne Abstriche zum 1. Januar starten wird und dass wir gleichzeitig auf die Einführung einer Gebühr verzichten werden. Eine solche Gebühr wird zwar in vielen Großstädten erhoben, aber wir sind im Senat zu der Einschätzung gekommen, dass die jetzige Einnahmesituation und die Prognosen für die kommenden Jahre es uns ermöglichen, die umfangreichen Maßnahmen für mehr Sauberkeit und Lebensqualität in Hamburg auch ohne eine Gebühr zu finanzieren.“
Ab Januar wird die Stadtreinigung mit 400 zusätzlichen Kräften in Hamburgs Straßen und Parks, auf Plätzen und Grünstreifen noch gründlicher als bisher für die Sauberkeit sorgen, und die Hamburger werden nicht zur Kasse gebeten. Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz hatte zunächst ohne Wenn und Aber hinter dieser Gebühr gestanden. Sie war auch im Wirtschaftsausschuss der Bezirksversammlung ausführlich vorgestellt worden.
Die geplante Reinigungsgebühr, mit der ab Januar 2018 alle Grundeigentümer und damit auch alle Mieter zusätzlich belastet werden sollen, war auch Gegenstand der Erörterungen im CDU-Kreisausschuss Harburg. Wie der Kreisvorsitzende Ralf-Dieter Fischer anchließend erklärte, hatten die Mitglieder kein Verständnis für diese Planungen des Senates. Fischer: „Die Reinigung der Gehwege und Straßen ist eine Kernaufgabe der staatlichen Vorsorge und muss über Steuermittel finanziert werden. Es ist auch völlig unverständlich, dass das Verursacherprinzip nicht vollständig Anwendung finden soll, sondern Anlieger, die weder eine Verunreinigung verursachen, noch eine solche in ihren Straßen feststellen, für touristische Großveranstaltungen im Hamburger Stadtgebiet die Mithaftung übernehmen sollen.“
Dieses gelte insbesondere auch, weil das Bezirksamt Harburg auf Anfrage der Bezirksversammlung kürzlich mitgeteilt habe, „dass es keine Angaben dazu machen könne, welche öffentlichen Straßen im Bezirks­amtsbereich sich regelmäßig oder häufig in einem Zustand befänden, der zusätzliche Reinigung erforderlich macht.“ Bezeichnend sei, so Fischer weiter, „dass die Bezirksverwaltung in den letzten fünf Jahren keine einzige Straße für eine Aufnahme in das Gehwegreinigungsverzeichnis oder für eine Verstärkung der Reinigungsfrequenz angemeldet hat. Missstände werden lediglich für öffentliche Grünflächen und Freizeitanlagen sowie Spielplätze eingeräumt.“ Der Kreisausschuss der CDU hatte einstimmig beschlossen, die vorgesehene Reinigungsgebühr abzulehnen und hatte den Senat und die Bürgerschaft aufgefordert, „von diesen sachfremden Planungen Abstand zu nehmen. Vielmehr müsse der Senat im Rahmen der Haushaltsplanungen zusätzliche Mittel bereitstellen, die gerade in Park- und Freizeitanlagen und auf Spielplätzen eine bessere Reinigung ermöglichen.“