Politischer Stillstand in Hamburg-Mitte beendet

Freuen sich über den Koalitionsvertrag: v.l.n.r.: Joseph Johannsen stellvertretender CDU-Fraktionsvorsitzender Christoph de Vries CDU-Kreisvorsitzender Yannick Regh stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender Johannes Kahrs SPD-Kreisvorsitzender Rolf Reincke Bezirksvorsitzender FDP und Timo Fischer FDP-Fraktionsvorsitzender. Foto: au

Politischer Stillstand in Hamburg-Mitte beendet.

SPD, CDU und FDP bilden Deutschland-Koalition.

Eigentlich hätten die Grünen als Wahlsieger der Bezirksversammlungswahl 2019 im Bezirk Hamburg-Mitte zu einem solchen Termin einladen müssen – eigentlich. Interne Streitigkeiten innerhalb der Partei hatten dazu geführt, dass sechs gewählte Kandidaten bei den Grünen aus- und in die SPD eintraten (der Neue RUF berichtete). Somit war die Mehrheit für die Grünen dahin, die SPD wieder stärkste Partei – und die hat sich nun neue Koalitionspartner gesucht. Am vergangenen Sonntag stellten die Parteispitzen Hamburg-Mittes Johannes Kahrs (SPD), Christoph de Vries (CDU) und Rolf Reincke (FDP) den ausgehandelten Koalitionsvertrag von Hamburgs erster sogenannter Deutschlandkoalition für die 22. Wahlperiode der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte vor. Die neue Koalition hat 29 der 51 Sitze in der Bezirksversammlung inne – und damit eine deutliche Mehrheit. Eine Koalition zwischen CDU und SPD hätte bereits für eine Mehrheit gereicht, aber „wir wollten eine stabile Mehrheit haben, da es viele große Vorhaben in Hamburg-Mitte gibt. Und wir haben uns gut zusammengefunden“, so Johannes Kahrs am Sonntag.
Rund zehn Seiten umfasst der Vertrag, der in Rekordzeit zwischen den Parteien ausgehandelt wurde. „Damit haben wir den derzeitigen politischen Stillstand in Hamburg-Mitte beendet. Außerdem haben wir in vielen Dingen Einigkeit erlangen können“, erklärte Christoph de Vries. Zentrale Themen im Koalitionsvertrag sind unter anderem der Bereich Stadtentwicklung, Wohnungsbau, moderne Mobilität, Sozialraumentwicklung, Sicherheit und Ordnung, Stadtnatur und Umwelt und bürgernahe Verwaltung.
So wollen sich sich die Parteien unter anderem für den Ausbau des bezirklichen Radverkehrskonzepts mit dem Schwerpunkt in Wilhelmsburg, Billstedt und Horn ein sowie für den Ausbau der Linie 73 nach Wilhelmsburg auch am Wochenende einsetzen. Hinsichtlich der Linie 62 nach Finkenwerder müsse die Taktfolge verkürzt werden, dafür müssten so schnell wie möglich neue Fährschiffe angeschafft werden. So will die Koalition darauf hinwirken, dass auf den Wasserstraßen innovative und zeitsparende Verkehrsmittel eingesetzt werden. Außerdem will sich die Koalition für einen bürgerorientierten Service einsetzen. Für die Bürgerinnen und Bürger müsse eine moderne Verwaltung vor Ort ansprechbar sein. Dazu soll ein zentraler Verwaltungssitz für Wilhelmsburg realisiert und das Angebot in den Dienststellen Billstedt und Finkenwerder nachhaltig gestärkt werden.
„Die Verhandlungen verliefen schnell und konstruktiv. Wir haben einen Vertrag ausgearbeitet, in dem sich alle drei Parteien wiederfinden. Vorbehaltlich der Gremienzustimmung können wir Hamburg-Mitte in den nächsten Jahren mit konstruktiver und ideologiefreier Politik prägen.“
Auf Kritik stößt der Koalitionsvertrag bei den Grünen in Hamburg-Mitte: „Ein schnell aus dem Boden gestampfter Koalitionsvertrag täuscht nicht über die unambitionierten Inhalte hinweg. Insbesondere bei der Verkehrswende und in der Umweltpolitik verpasst die Deutschland-Koalition den großen Wurf. Statt konsequent den öffentlichen Raum fair zu verteilen, setzt diese Koalition weiterhin auf Parkplätze. Statt die Fahrradinfrastruktur im ganzen Bezirk intensiv auszubauen, verteidigt diese Koalition die Straßen für Autos. Statt ein dringend erforderliches Klimaschutzkonzept auf den Weg zu bringen, verstecken sich SPD, CDU und FDP hinter uninspiriertem Kleinklein. Besonders erschreckend ist, dass mit einem „Law and Order“-Ansatz Drogenkonsument*innen noch stärker in Nebenstraßen und Hauseingänge gedrängt werden sollen. Wir streiten weiter dafür, dass Drogenabhängigkeit als gesundheitliches Problem behandelt wird und setzen daher auf Prävention und Behandlung statt Verdrängung und Kriminalisierung“, erklärt dazu Lena Zagst, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen-Fraktion Mitte.