Neues Wohnviertel auf dem Kleinen Grasbrook

So stellen sich die Planer den zukünftigen Stadtteil mit Blick von Westen auf dem Kleinen Grasbrook vor. Visualisierung: Hosoya Schaefer Architects

Neues Wohnviertel auf dem Kleinen Grasbrook
Senat stellt Pläne für neuen Stadtteil vor

(au) Kleiner Grasbrook. Nun also doch: Hatte Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) nach dem gescheiterten Olympia-Referendum 2015 noch betont, dass es auf dem Kleinen Grasbrook ohne Olympia keinen Wohnungsbau geben solle, stellte er zusammen mit Stadtentwicklungssenatorin Dr. Dorothee Stapelfeldt, Prof. Jürgen Bruns-Berentelg, Vorsitzender der Geschäftsführung der HafenCity Hamburg GmbH, und dem scheidenden Oberbaudirektor Prof. Jörn Walter in der HafenCity-Universität am 12. September die Pläne für einen neuen Stadtteil auf der Elbinsel Kleiner Grasbrook vor.

Auf dem Kleinen Grasbook sollen rund 3.000 Wohnungen und 16.000 Arbeitsplätze geschafffen werden.
Visualisierung: Hosoya Schaefer Architects

Dieser soll gegenüber der östlichen HafenCity entstehen, die Brücke nach Süden auf die Elbinseln schlagen und gleichzeitig den Stadtteil Veddel stärker einbetten.
Geplant sind Wohnungen für etwa 6.000 Bewohner – junge Familien und Menschen jeglichen Alters und unterschiedlicher Herkunft – sowie 16.000 Arbeitsplätze, Einkaufsmöglichkeiten, eine Grundschule und Kitas. Der neue Stadtteil werde neben Wohnungen auch Raum für neue Büros, Gewerbegebäude, Forschungsstätten und Labore bieten. Auch Bestandsgebäude sollen dafür genutzt werden. Insgesamt sollen auf einer Fläche von etwa 46 Hektar mit rund 880.000 Quadratmetern oberirdische Bruttogeschossfläche ein Stadtentwicklungsvorhaben, das die Dimension eines guten Drittels der HafenCity haben wird, entstehen. Zudem sollen mehrere Kilometer öffentlich zugängliche, direkt am Wasser gelegene Bereiche geschaffen werden – kombiniert mit attraktiven Grünanlagen und hochwertigen öffentlichen Stadträumen. Geplant ist ein gemischter Stadtteil, wie ihn eine lebendige Metropole brauche. Ein Ort, in dem sich Altes und Neues verbinden könne, mit einer sinnvollen Abstufung zwischen Wohnen, Arbeiten und Hafennutzung, so die Pläne des Senats.
Der Stadtteil Grasbrook werde vo­raussichtlich drei Quartiere umfassen: das Quartier Moldauhafen für Wohnbebauung in doppelter Wasserlage zwischen Elbe und Moldauhafen, das gemischt-genutzte Freihafenelbquartier, sowie das Hafentorquartier, das den Saalehafen einfasst und den Südraum des Moldauhafens bildet und ausschließlich vielfältigen, gewerblichen Nutzungen mit einer Mischung von neuen und alten Gebäuden vorbehalten ist. Hier könnten schrittweise Einzelvorhaben entstehen, unabhängig von Lärmschutzfragen, weil die Bauten in diesem Bereich ausschließlich gewerbliche Nutzungen umfassen. Die leistungsfähige Anbindung des Stadtteils an die U- und S-Bahnstation Elbbrücken solle zunächst durch Busse gelöst werden, die das Gebiet auch in der Anfangsphase gut erreichbar machen. Die U-Bahntrasse in Richtung Süden bleibt frei. Der spätere Bau einer U-Bahn werde planerisch und vertraglich gesichert.
Grundsätzlich werden die vorgestellten Pläne begrüßt, jedoch gibt es auch kritische Stimmen. So machten der Fraktionsvorsitzende Dr. Gunter Böttcher und der CDU-Sprecher im Regionalausschuss Wilhelmsburg/Veddel, Jörn Frommann, deutlich, dass die CDU die am Abend des gescheiterten Olympiareferendums von Olaf Scholz verkündete Entscheidung, dass damit auch die Pläne der Bebauung des Kleinen Grasbrooks gestoppt sind, bereits damals als falsch und verführt angesehen hat.
„Wieder einmal muss der SPD-Bürgermeister in einer Entscheidung zurückrudern“, kritisiert Jörn Frommann, der ehemalige Sprecher für den „Sprung über die Elbe“ der CDU-Bürgerschaftsfraktion, die nunmehr getroffene Entscheidung. „Durch das Zögern wurde wertvolle Zeit verloren“. Der Fraktionsvorsitzende Dr. Böttcher führt weiter aus: „Es kommt einem so vor, als wenn der Senat die Bebauung dieses Bereiches als einzige Möglichkeit sehen würde, überhaupt noch seine Wohnungsbauzahlen zu retten.“ Die CDU-Bezirksfraktion Hamburg-Mitte kündigte eine konstruktive sachliche Begleitung der Maßnahmen an. „Gleichzeitig werden wir aber die Flächen nicht einfach mit Massen an Wohnungen ohne Berücksichtigung der notwendigen Infrastruktur zulassen, so wie es sich derzeit auf Wilhelmsburg entwickelt. In dieser besonderen Lage gilt es mehr denn je, Qualität vor Quantität zu setzen“, so Jörn Frommann.
Manfred Braasch vom BUND erklärte dazu: „Die Erschließung des Kleinen Grasbrooks als neuer Stadtteil ist ein Schritt in die richtige Richtung, da ein Großteil der Flächen bislang weder wirtschaftlich noch ökologisch sinnvoll genutzt wurde. Ein neues Wohn- und Gewerbegebiet ist aber nur sinnvoll, wenn dabei konsequent auf Nachhaltigkeit, Klimaschutz und zukunftsfähige Mobilität gesetzt wird. Fehler wie in der Hafencity dürfen sich nicht wiederholen. Der Senat muss gewährleisten, dass für die neuen Wohngebiete alle Vorgaben zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen eingehalten werden. Außerdem muss die Stadt offenlegen, wohin die bisherige Gewerbenutzung umgesiedelt werden soll. Es kann nicht sein, dass in zentraler Hafenlage ein neuer Stadtteil geschaffen wird und an anderer Stelle wertvolle Grünflächen und mittelfristig der Stadtteil Moorburg einer Hafenerweiterung zum Opfer fallen. Wenn im Hafengebiet Platz für neue Wohngebiete ist, wäre es nur konsequent, Moorburg aus dem Hafenerweiterungsgebiet zu entlassen.“