„Jetzt reicht es, nun muss etwas passieren“

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„Jetzt reicht es, nun muss etwas passieren“.

Ralf-Dieter Fischer verabschiedet sich aus der Politik.

Als jüngst die konstituierende Sitzung der neuen Bezirksversammlung über die Bühne ging, fehlte ein bekanntes Gesicht. Der langjährige CDU-Fraktionsvorsitzende Ralf-Dieter Fischer war nicht anwesend. Grund: Fischer hat sich laut eigener Aussage ganz aus der Politik zurückgezogen, sein Nachfolger heißt Rainer Bliefernicht. Er wolle sich endlich mit 76 Jahren seiner großen Leidenschaft – der Kunst – widmen. Neben Vorträgen und Diskussionsveranstaltungen zu Gemälden, Künstlern und Stilepochen will er zusammen mit seiner Ehefrau Lydia in Sachen Kunst auch Reisen unternehmen.
Fischer kann auf eine mehr als 50-jährige Karriere in der Hamburger Politik zurückblicken. Der in Sieverstedt (Schleswig-Holstein) geborene Rechtsanwalt betont in diesem Zusammenhang mit einem spitzbübischen Lachen, dass er mit 52 Jahren, sechs Monaten und ein paar Tagen länger im politischen Geschäft agiert habe, als sein CDU-Parteifreund Wolfgang Schäuble. Angefangen, erinnert sich Fischer, habe es 1972 während seines Studiums. Zu Beginn der 70er-Jahre schwamm die SPD dank Willy Brandt auf einer Welle des Erfolgs. Für die CDU/CSU gab es kaum etwas in der Opposition zu holen. Nach dem gescheiterten Konstruktiven Misstrauensvotum der CDU/CSU gegen Willy Brandt am 27. April 1972 sagte sich Fischer: „Jetzt reicht es, nun muss etwas passieren“. Gesagt, getan. Er schaute sich im damaligen, eher überschaubaren Parteienspektrum um und entschied sich für die CDU. Er wollte nicht nur meckern, sondern politisch auch aktiv werden. Seine eher konservative Sicht der Dinge sah er in der Union am besten aufgehoben. Die CDU war nach seiner Auffassung mit den „wenigsten“ Fehlern behaftet. Er trat kurzentschlossen in den CDU-Ortsverband Süderelbe ein.
Dann begann seine Kärrnerarbeit: Jede Veranstaltung der CDU Süderelbe habe er aufgesucht. In den 70er-Jahren tagte die CDU anfangs noch im Gasthof Wolkenhauer. Mit jedem wichtigen Thema in Süderelbe machte er sich vertraut. Fischer beteiligte sich an vorderster Stelle auch an der Ausarbeitung eines politischen Konzeptes. Wofür steht die CDU? Unter anderem trat man in den 70er-Jahren für den Abriss der alten Wohnlager oder den Bau eines Freibades am Falkenbergsweg ein, erzählt Fischer. Schnell machte sich Fischer aufgrund seines Engagements einen Namen, wurde rasch Mitglied des Ortsausschusses Süderelbe (durch Ernennung und nicht durch Wahl), der damals im Alten Jägerhof tagte. Sein Eintreten für die Bürger und auch die klare Nennung von Missständen kam an: Bei der nächsten Bezirkswahl 1974 wurde Fischer gleich in die Bezirksversammlung Harburg gewählt. Das hieß für ihn, sich nun auch mit Harburger Themen auseinanderzusetzen: Die Stichworte lauteten unter anderem: Wiederbelebung des Viertels Harburger Binnenhafen, die Zusammenführung der durch die Bahnlinie Cuxhaven-Hamburg getrennten Stadtteile, die Entwicklung der Technischen Universität Harburg usw. Nebenbei engagierte sich Fischer in der Jungen Union – auch auf Landesebene.
1982 der nächste Karrieresprung: Bei den zwei Bürgerschaftswahlen in diesem Jahr wurde Fischer in die Hamburger Bürgerschaft gewählt. Hier sollte für die nächsten gut 15 Jahre sein politischer Hauptwirkungsort sein.In der Bürgerschaft war Fischer unter anderem Mitglied im Ausschuss für Verfassung, Geschäftsordnung und Wahlprüfung sowie im Sportausschuss. Zudem zeichnete er als Vorsitzender des Rechtsausschusses verantwortlich. Seine direkte Art, die Dinge beim Namen zu nennen, mochte in seiner Partei nicht jeder. Dies und andere Gründe führten zur Nichtaufstellung zur Bürgerschaftswahl 1997. Andere hätten sich verbittert zurückgezogen – nicht aber Fischer. Über den Ortsausschuss Süderelbe, den Vorsitz im CDU-Kreisvorstand und dann seit 2004 als CDU-Fraktionsvorsitzender kämpfte sich Fischer zurück an die wichtigen Schalthebel der Politik – und das auf Bezirksebene. Er hatte maßgeblichen Anteil an der Umsetzung der CU-Arena, des Baus der S-Bahn nach Stade und der Modernisierung der Uwe-Seeler-Halle sowie der Verhinderung von Wohnkasernen auf dem heutigen Neubaugebiet Vogelkamp Neugraben. Auch der Erhalt der Verwaltungsgebäude (Polizei, Verwaltung) im Neugrabener Zentrum und die Aufstellung eines realitätsbezogenen Bebauungsplans für die Röttiger-Kaserne NF66 gehen auf das Konto von Fischer zurück. Sein Meisterstück gelang ihm mit der Schmiedung einer schwarz-grünen Koalition in der Harburger Bezirksversammlung 2004. In langen Gesprächen in der Neugrabener Kultkneipe „Donnerwetter“ zurrten Fischer und der damalige grüne Fraktionsvorsitzende Ronald Preuss das auch bundesweit für Aufsehen sorgende Bündnis zwischen den angeblich ungleichen Partnern fest. „Dass schafft der Fischer nie. Er ist viel zu konservativ“, erinnert sich Fischer an die Aussagen der Skeptiker. „Ich bin liberal“, schiebt er als Begründung seines Erfolges bei diesen schwierigen Koalitionsverhandlungen hinterher.
Ihm habe die Politik trotz des großen Zeitaufwandes immer viel Spaß bereitet. Nun sei aber Schluss. Wie gesagt, jetzt will sich Fischer zusammen mit seiner Frau noch mehr um die Kunst kümmern. Und dann wären da ja noch die Enkelkinder seiner Töchter – da helfen Ralf-Dieter und Lydia Fischer gerne aus, wenn Not am Mann ist.