„Ihr bleibt bei uns!“

Zahlreiche Lehrer Schüler und Bürger aus Wilhelmsburg setzen sich für den Verbleib der sechsköpfigen Familie Nimonaj-Stefan ein die in Kürze in den Kosovo abgeschoben werden soll Foto: NMS

„Ihr bleibt bei uns!“.

Familie Nimonaj-Stefan soll abgeschoben werden.

Die Kinder sind in Hamburg geboren, sie gehen hier zur Schule oder in die Kita, haben Freunde, sind in die Gesellschaft integriert – und doch soll eine alleinerziehende Mutter aus Wilhelmsburg mit ihren fünf Kindern im Alter von 1 bis zwölf Jahren in den Kosovo abgeschoben werden. Das Schicksal der Wilhelmsburger Familie Nimonaj-Stefan bewegt die Menschen – nicht nur auf den Elbinseln. Bereits seit einem Jahr kämpft die Familie um ihr Bleiberecht, bisher erfolglos. Nun soll die Härtefallkommission der Hamburgischen Bürgerschaft über den Verbleib der Familie entscheiden. Mitschüler und Lehrer der drei ältesten Kinder, die auf das Helmut-Schmidt-Gymnasium, die Nelson-Mandela-Schule und die Elbinselschule gehen, wollen das nicht hinnehmen und haben umfangreichen Protest gegen die Abschiebung organisiert. So hat zum Beispiel die Nelson-Mandela-Schule unter dem Motto „Ihr bleibt bei uns“ ein rund zweiminütiges Video produziert, in dem sich Lehrer und Schüler für den Verbleib der Familie aussprechen. „Ich bin die Klassenlehrerin von einer der Nimonaj-Kinder und wir haben am Freitag von dieser Nachricht erfahren und wir sind fassungslos. Das Mädchen, dass ich unterrichte, ist aufgefallen durch Neugier, durch Wissbegierigkeit, sie stellt Fragen, sie ist eine treibende Kraft in unserer Klasse“, erklärt eine offensichtlich geschockte Lehrerin im Video. Weitere Lehrer und Schüler der Nelson-Mandela-Schule kommen zu Wort. Sie bringen ihr Unverständnis zum Ausdruck und sprechen sich für den Verbleib der Familie aus. Innerhalb von wenigen Tagen wurde das Video bereits rund 12.700 Mal aufgerufen. Auch die Kommentare unter dem Video drücken Entsetzen aus. „V. ist die älteste Tochter der Familie, sie ist mit meiner Tochter seit der 1. Klasse befreundet. V. ist hier geboren und bald 12 Jahre alt! Sie war noch nie im Kosovo!!! Ihre Heimat ist Hamburg, genau wie die meiner Tochter!“, lautet zum Beispiel ein Kommentar.
Neben dem Video haben die Unterstützer auch eine Unterschriftenaktion gestartet. Am vergangenen Dienstag hat eine Delegation von Schülern der Nelson-Mandela-Schule 3.700 Unterschriften dem Landesschulrat Thorsten Altenburg-Hack übergeben, der diese in Vertretung für Schulsenator Ties Rabe entgegennahm.
Unterstützung gibt es mittlerweile auch über die Schulen hinaus für die Familie: So berichteten zahlreiche Medien über die drohende Abschiebung. Und die Wilhelmsburger Jusos, die Jugendorganisation der SPD, hat eine Online-Petition ins Leben gerufen: „Wir Unterzeichnenden fordern die Mitglieder der Härtefallkommission auf, der Familie Nimonaj im Wege eines Härtefallersuchens zu einem Bleiberecht zu verhelfen! Alle Kinder werden vorbildlich gefördert, die Mutter arbeitet sehr eng mit den Lehrer:innen und Erzieher:innen ihrer Kinder zusammen; die beteiligten Schulen stehen geschlossen hinter der Familie und fordern: Ihr bleibt bei uns!“ Bis vergangenen Donnerstagmittag hatten bereits rund 7.300 Menschen online unterschrieben, Tendenz steigend.
Der Landesverband Hamburg der Gewerkschaft für Erziehung und Bildung (GEW), kritisiert ebenfalls die mögliche Abschiebung: „All diesen Kindern und Jugendlichen die Chance auf Bildung und Ausbildung zu nehmen, ist mit den Kinderrechten unvereinbar. Wir fordern deshalb Schulsenator Rabe dazu auf, sich gegen diese unmenschliche Praxis einzusetzen, denn Kinderrechte haben einen höheren Stellenwert, als staatliches Abschiebeinteresse! Schule und Ausbildung für alle sind elementare Menschenrechte. Eine reiche Stadt wie Hamburg kann hier ein Zeichen setzen für ein menschenwürdiges Aufwachsen und eine Zukunft aller Menschen, die hier leben“, kommentiert Sven Quiring, Vorsitzender der GEW Hamburg. Zudem hat die Tipps zur Vorbereitung auf den Ernstfall zusammengestellt für den Fall, „wenn der Platz im Klassenzimmer verwaist bleibt“.
Hintergrund: Das Gesetz sieht nur für bestimmte Fälle die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vor. Dies kann zum Beispiel dazu führen, dass Ausländerinnen und Ausländer trotz besonderer Integration keine Aufenthaltserlaubnis erhalten können. In Fällen, in denen dringende humanitäre oder persönliche Gründe die weitere Anwesenheit dieser Menschen erfordern, kann eine Befassung der Härtefallkommission mit der Angelegenheit des Betroffenen zu einer Lösung führen. Die Wilhelmsburger Jusos befürchten allerdings, dass die Härtefallkommission das Härtefallersuchen ablehnt und die Familie damit der Abschiebung preisgeben werde, denn „Sie nimmt dabei jedoch nur die Situation der Mutter in den Fokus und ignoriert die Situation der Kinder. Dabei kann die Härtefallkommission auch genau solche Faktoren mit berücksichtigen“, heißt es in der Begründung der Petition.
Die Härtefallkommission sollte am vergangenen Donnerstag über das Schicksal der Familie Nimonaj-Stefan entscheiden. Bis Redaktionsschluss lag der Redaktion noch kein Ergebnis vor.