Historischer Sieg zum Saisonstart

pm -Das Spiel wurde mit Herz und Zuversicht und nicht auf der Taktiktafel (von Pedro Calles) gewonnen war sich der Sportdirektor Marvin Willoughby sicher

Historischer Sieg zum Saisonstart.

Towers: Erster BBL-Heimerfolg der Vereinsgeschichte.

Es war ein Spiel für die Hamburger Basketball-Geschichte. Die Hamburg Towers fuhren am Sonntag – nachdem es ihnen in ihrer ersten Saison nach dem Aufstieg in das Basketball-Oberhaus (BBL) nicht gelungen war – den allerersten Heimsieg ein: 78:75 gegen Brose Bamberg Die Freude war groß, wenn auch nicht euphorisch, hatte sie doch einen leicht faden Beigeschmack. Das lag nicht etwa am Team und seinem Auftritt, sondern war dem Umstand zu verdanken, dass wegen Corona ohne Publikum gespielt werden musste. Wo sonst in der vergangenen Spielzeit trotz aller Niederlagen Spiel für Spiel 3400 Fans ihr Team lautstark nach vorne peitschten, herrschte diesmal beinahe Totenstille. Jeder Zuruf auf dem Court oder von der Seitenlinie war mit Echo zu hören, ebenso das Quietschen der Baskettballstiefel – eine für alle ungewöhnliche Situation. Weil selbst die „Wischkinder“ nicht in der Halle sein durften, griff auch schon mal der Stuff der Gäste zu dem Instrument, um den Playground trocken zu bekommen. Eine Handvoll Reporter, das Megenta-TV-Team, Sanitäter und vier Fotografen durften das Geschehen verfolgen, ja selbst die Cheerleader mussten dem Spiel fern bleiben. Und der Hallensprecher Andreas Lindemeier forderte anstelle der Fans schon mal „Defense!“ Das alles hinderte die Gastgeber in der Wilhelmsburger edel-optics.de-Arena jedoch nicht daran, sich mit einem fulminanten Schlussviertel den knappen und dann doch überraschenden 78:75-Erfolg gegen Brose Bamberg zu sichern und diesen ersten BBL-Heimsieg der Vereinsgeschichte entsprechend zu feiern.
Gute Nachrichten bereits vor Spielbeginn: Knapp 90 Minuten vor Tip-Off betrat Bryce Taylor, vollständig in Towers-Uniform gekleidet, das Parkett. Zu Beginn des zweiten Viertels gab der 34-jährige Routinier dann nach mehr als neun Monaten sein lang ersehntes Comeback. Zu diesem Zeitpunkt lagen die Towers, die sich zwischenzeitlich eine 21:14-Führung erarbeiteten, mit einem Punkt im Rückstand. Das größte Problem bis dahin waren die zahlreichen Fouls, die die Mannschaft von Headcoach Pedro Calles vor allem im zweiten Abschnitt daran hindern, die Gäste aus Bamberg in ihrem Wirken einzuschränken. Mit zwei Läufen ging die Mannschaft von Johan Roijakkers, die den Ball wieselflink laufen ließ, zur Halbzeit mit 40:50 in Führung. Zum Start der zweiten Hälfte zeigen sich die Towers wie ausgewechselt. Mit deutlich mehr Energie an beiden Enden des Feldes gingen die Towers durch einen Dreier von DiLeo Mitte des dritten Viertels wieder in Führung. Erneut schlugen die Bamberger mit einem Lauf zurück und gingen mit einem Neun-Punkte-Vorsprung (55:64) in die letzten zehn Minuten der Partie. Und es sah zunächst nicht zwingend danach aus, als könnten die Wilhelmsburger diese Partie noch drehen. Doch auch im Basketball ist der Ball rund. Von der höchsten Führung dieses Spiels ließen sich die Towers nicht aus dem Konzept bringen. Calles, den die Schiedsrichter auch schon mal zurück in seine Coaching-Zone beordern mussten, trieb seine Spieler gestenreich voran. Punkt um Punkt kämpften sich die Hansestädter zurück und schafften drei Minuten vor Schluss durch Freiwürfe von Kameron Taylor perfekte Bedingungen (70:71) für die wohl spannendste Crunchtime (Wie lang können doch 8 Sekunden sein!) am ersten BBL-Spieltag. Ein frecher Dreier von Cuthbertson, ein riesiger Korbleger von dem gelegentlich etwas übermotiviert wirkenden T.J. Shorts und zwei nervenstarke Freiwürfe von Swing später war der erste Towers-Heimsieg der Clubgeschichte dann unter Dach und Fach. Die wohl beste Nachricht des Tages. Terry Allen, der 38:11 von 40 Minuten Spielzeit auf dem Feld stand, steuerte zu diesem Sieg über den mehrfachen deutschen Meister und Pokalsieger 20 Punkte bei.
Nach dem Spiel sagte Pedro Calles: „Ich als Coach möchte den Sieg Hendrik Drescher widmen, der sich in der Saisonvorbereitung voll reingehängt hat und jetzt verletzt leider nicht dabei sein konnte. Und das komplette Team möchte diesen Sieg unseren Fans widmen, die uns von zu Hause unterstützt haben. Wir mussten heute unsere eigene Atmosphäre kreieren. Und egal ob zuhause oder auswärts, es wird immer auf diese Stimmung im Team ankommen.“
Terry Allen: „Ich wollte heute unbedingt gewinnen. Zudem war es etwas Besonderes, gegen meinen ehemaligen Coach zu spielen. Unser Coach hat uns in der Halbzeit gesagt, wir müssen aggressiver auf beiden Seiten des Feldes sein. Und das hat uns am Ende den Sieg gesichert.“
Kapitän und Routinier Bryce Taylor (früher auch Kapitän bei Bayern München), der nach neunmonatiger Verletzungspause überraschend sein Comeback gab, sagte nach dem Spiel: „Es ist etwas komisch, wenn es so leise ist in der Halle – gerade bei den Freiwürfen. Deswegen kommt es jetzt noch mehr auf unsere Unterstützung und Energie von der Bank an. In der ersten Halbzeit haben wir Bamberg zu viele Punkte erlaubt. 50 waren entschieden zu viel und 78 für unserer Können eigentlich zu wenig.“ Sportdirektor Marvin Willoughby bilanzierte seinerseits: „Dass wir heute unseren ersten Bundesliga-Heimsieg in unserer Geschichte geholt haben, ist schon etwas Besonderes. Aber wie wir diesen Sieg eingefahren haben, ist noch spezieller. Wir haben nie nachgelassen, wir haben immer an uns geglaubt. Vom ersten Tag an zeigt sich das Team als Einheit. Ich glaube, wir können von so einem Spiel gleich zum Saisonstart noch lange zehren.“
Am morgigen Sonntag wird das nicht möglich sein: Das Heimspiel Towers – JobStairs GIESSEN 46ers muss verlegt werden. Die Kontrahenten aus Hessen befinden sich weiterhin in Quarantäne und beantragten bei der easyCredit BBL eine Verlegung der Partie. Nach dem Auftaktsieg der Hanseaten gegen Bamberg ist somit erstmal wieder Pause angesagt, verbunden mit der Hoffnung, dass das Team seinen Auftakt-Schwung über die Zeit retten kann. Damit steht fest, dass den Towers nach einwöchiger Spielpause als nächstes ein Drei-Spiele-Auswärtstrip bevorsteht, bevor das Team von Pedro Calles erst am 13. Dezember gegen ratiopharm Ulm wieder ein Pflichtspiel auf dem heimischen Parkett der edel-optics.de-Arena bestreiten wird.