Heimat auf Zeit im Duckdalben

Duckdalben -Jeden Tag darf ein anderer Seemann einen der 24 Überraschungsbeutel öffnen.

Heimat auf Zeit im Duckdalben.

Bufdis helfen Heimweh-Tage für Seeleute erträglich zu machen.

Kevin zupft das rote Schmuckband zurecht, René peilt, wie die Tannenzweige am besten drapiert werden. Sie sind zwei der jungen Menschen, die für ihren Bundesfreiwilligendienst (BufDi) in den Duckdalben gekommen sind. Auch in diesem Jahr gibt es entlang der Wendeltreppe im Eingangsbereich einen Adventskalender für die Seeleute. Jeden Abend hat ein Seemann das Glück, einen der 24 Überraschungsbeutel zu öffnen. Der Seemannsclub bietet besonders in der Adventszeit Seeleuten eine „Heimat auf Zeit“, die nicht mit Frau und Kindern feiern können. „Schiffe machen Weihnachten keine Pause. Heiligabend und Silvester sind die Heimweh-Tage schlechthin für die Seeleute. Die Bufdis helfen, diese Tage für die Seeleute feierlich zu gestalten“, sagt Olaf Schröder, Seemannsdiakon und Betreuer der jungen Männer und Frauen, die sich im Sommer 2018 für ihren Bundesfreiwilligendienst den Club ausgewählt haben. „Wer beim nächsten Jahrgang ab 1. August dabei sein will, kann sich jetzt bewerben“.
Keiner der sieben diesjährigen Bufdis kommt aus Hamburg. Johannes (19), den alle im Club nur – international englisch – mit seinem zweiten Vornamen Kevin rufen, kommt aus Thüringen, aus Steinbach-Hallenberg. 400 Kilometer von zu Haus waren für ihn kein Problem, schließlich wurde ihm eine Unterkunft gestellt, aber eine Umstellung war es doch. Früher lagen der Rennsteig um die Ecke, „und der Geburtsort der Biathlon-Goldmedaillengewinnerin Kati Wilhelm“, sagt Kevin. Heute schaut er auf Hafen und flaches Land. Auch Rene (19) musste sich umstellen. Früher Rhein und Fortuna Düsseldorf. Heute Elbe und HSV. „Fortuna ist immer in der zweiten Liga gut, nicht in der 1.“ Das ist auch so mit dem HSV. Hier musste Rene sich nicht umgewöhnen.
Kevin und René ziehen nach der Hälfte ihrer Zeit eine erste Bilanz: „Wir sind hier im Club ein All-Generation-Team. Ältere ehrenamtliche Mitarbeiter und Bufdis arbeiten Hand in Hand. Wir helfen uns gegenseitig und lernen voneinander, auch weil viele der Älteren zur See gefahren sind. Die Welt ist bei uns zuhause. Ich merke in jedem Dienst: Wenn du etwas gibst – kriegst du etwas zurück. Kein Tag ist wie der andere, weil jeder Seemann anders ist. Es macht Spaß, ihre Welt mitzuerleben und sie willkommen zu heißen“. Und was raten die beiden gleichaltrigen Kollegen in spe: „Wer viel Verantwortung haben will, ist hier richtig. Wer neue Leute, Kollegen wie Seeleute, kennenlernen möchte, sollte im Club anheuern. Und die Seminare, bei denen wir über unsere Arbeit sprechen und andere Bufdis treffen, sind gut, auch über sich eine Menge rauszukriegen und mitzunehmen ins spätere Berufsleben.“
„Ohne Bufdis geht’s nicht. Sie sind für uns wichtig. Sie sind helfende Hände, wenn sie die Abhol-Fahrten zu den Seeleuten an den Terminals koordinieren, sie selbst vom Terminal abholen oder zurück zum Schiff bringen, oder wenn sie im Duckdalben-Shop Seeleute bedienen, die schnell Telefonkarten brauchen, um mit der Familie zu sprechen“, sagen Anke Wibel, Leitung Duckdalben.
Was sollte ein künftiger Ducky neben den generellen Grundvoraussetzungen wie Alter (18) und Führerschein mitbringen? Jan Oltmanns: „Wer zu uns kommt, sollte er es ernst meinen mit sich und dem Anspruch an den Dienst, Gutes zu tun – für sich und andere. Und er und sie sollten englisch sprechen und offen sein, um sich fix einzufühlen in die besondere Lebens- und Arbeitswelt der Seeleute. Dafür gibt’s bei uns die Möglichkeit, in kurzer Zeit die Welt der Globalisierung hautnah kennenzulernen.“