Gipfel der Aufschwungphase ist überschritten

Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher

Gipfel der Aufschwungphase ist überschritten.

UVNord: Wahlaufruf zur Bürgerschaftswahl: Wahlrecht ist Wahlpflicht!.

Mit einer Rekordbeteiligung von über 600 geladenen Gästen aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens startete am heutigen Nachmittag der traditionelle UVNord-Neujahrsempfang im Hotel Atlantic. Hauptredner der Veranstaltung waren der Erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Dr. Peter Tschentscher und der Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein, Daniel Günther, die zu den wirtschaftlichen und sozialpolitischen Herausforderungen für das Jahr 2020 sprachen.
In Anwesenheit großer Teile des Senats und der Landesregierung sowie des beinahe vollständig versammelten konsularischen Korps ging UVNord-Präsident Uli Wachholtz mit deutlichen Worten auf die aktuelle wirtschaftspolitische Situation ein: „Den Gipfel der längsten Aufschwungphase, die wir je verzeichnen konnten, haben wir bereits seit einiger Zeit überschritten. Der Konsum läuft zwar noch, doch die steten Nachrichten über Kurzarbeit und auch Negativzinsen zeigen auch hier Wirkung, der Konsum­Klimaindex ist im vergangenen Jahr deutlich gesunken. Wie es tatsächlich kommen wird, hängt von vielen Imponderabilien ab. Mehr Arbeitstage als in 2019 werden den Wert stützen, das macht alleine 0,4 % aus, die wir eigentlich wegen der Vergleichbarkeit abziehen müssten. Diese 0,4 % sind uns also sicher, aber der bevorstehende Brexit, die weitere Entwicklung im Nahen Osten und die große Politik, die Great Power Competition – das amerikanisch-chinesische Armstemmen – können diese Prognosen noch drastisch beein­flussen. Sorgen macht zunehmend auch die Geldpolitik, nicht nur mit negativen Zinsen, sondern auch mit einer ungehemmten Geldproduktion. Eine echte Rezession ist nicht in Sicht, das lässt aber keine Entwarnung aufkommen. Die Länge des Zyklus, die Lage an den Aktien- und Anleihemärkten, die Immobilienpreise – das alles lässt mit Sicherheit einen Schluss zu: Es wird eine Korrektur kommen, offen ist nur wann!“
Für den Norden Deutschlands machte Wachholtz deutlich, dass dieser in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten regelmäßig langsamer gewachsen ist als der Durchschnitt der westdeutschen Bundesländer. Für das Süd-Nord-Gefälle gibt es zwei entscheidende Gründe: Die politische Kleinteiligkeit und der große Nachholbedarf der norddeutschen Infrastruktur. Dies umfasst nahezu alle Bereiche im Leitungsbau, Straßenbau, Ausbau der Wasserwege und des Schienenverkehrs, aber auch die Fortentwicklung der Hochschullandschaft, insbeson­dere deren Zusammenwirken mit den Unternehmen.
Außerdem warnte der UVNord-Präsident: „Auf die Wirtschaft kommen im Rahmen der immer schnelleren Digitalisierung große strukturelle Veränderungen zu und die norddeutsche Wirtschaft ist in ihrer Struktur anfälliger für Disruptionen. Die Digitalisierung, vor allem in Verbindung mit der sich schnell entwickelnden künstlichen Intelligenz, wird die Bereiche Logistik und Dienstleistungen, die bislang unsere Stärken sind, besonders treffen. Und Digitalisierung bringt noch etwas mit sich: Nicht nur im Bund, sondern auch gerade bei uns im Norden müssen wir schneller werden, schneller bei der Planung und bei der Umsetzung von Infrastrukturvorhaben. 16 Jahre Planung und Gerichtsverfahren für die Fahr­rinnenanpassung der Elbe sind ein Unding. In Hamburg steht die Erneuerung der Köhlbrand­brücke bevor und Hamburg braucht eine leistungsfähige Hafenquerspange/Hafenpassage (A26-Ost). Ein weiterer für Wirtschaft bedeutender Punkt ist die Anbindung aus der Luft. Der Airport Hamburg ist für die Wirtschaft und die Arbeitsplätze des Nordens so wichtig, dass wir keinerlei weiterer Einschränkungen am Hamburger Flughafen zulassen können. Wir unter­stützen alle durch den Airport unternommenen Lärmschutzmaßnahmen, die offenbar auch deutlich greifen. Wir dürfen aber nicht leichtfertig eine funktionierende Säule der Verkehrs­infrastruktur in Norddeutschland aufs Spiel setzen.“
Mit Blick auf die Metropolregion und die im vergangenen Jahr veröffentlichte OECD-Studie machte Wachholtz deutlich, dass man der OECD sehr dankbar für die detailstarke Analyse sei, auch wenn die Ergebnisse ernüchternd seien. Die wichtigsten Punkte, die zügig angegan­gen werden müssen, nannte Wachholtz eine zu niedrige Arbeitsproduktivität, begrenzte Kapazitäten für Innovationsinvestitionen und fehlende Koordination bei der Clusterentwick­lung, eine geringe Humankapitalausstattung, eine digitale Stadt-Land-Kluft, eine verbesse­rungsbedürftige Verkehrsanbindung sowie fragmentierte Raumplanungsstrukturen wurden von der OECD als wichtigste Empfehlungen genannt, die zügig eingegangen werden müssen.
Zur Plenarwahl in der Handelskammer führte der UVNord-Präsident aus: „Nach den Turbu­lenzen der vergangenen drei Jahre können wir den Akteuren dankbar sein, dass in die Debatten etwas mehr Sachlichkeit eingezogen ist. Ich hoffe inständig, dass allen, die sich zur Wahl stellen und auch allen, die wahlberechtigt sind, klar ist, dass ein Platz im Plenum der Handelskammer nicht der Darstellung und der Selbstverwirklichung dient und erst recht nicht zur Umsetzung von ideologisch-krausen Ideen missbraucht werden darf. Nein – er verpflichtet jeden, der die Ehre hat, dort am Tisch zu sitzen, zum konstruktivem Mitwirken zum Wohle der Bürger, der Arbeitsplätze und der Wirtschaft dieser Stadt und darüber hinaus, im Wissen, dass dieser Wirtschaftsstandort vor größten Herausforderungen steht.“
Für die Bürgerschaftswahl wünscht der UVNord-Präsident sich einen weiterhin fairen Umgang mit dem politischen Wettbewerber und eine hohe Wahlbeteiligung. Das Wahlrecht sei gleichermaßen eine Wahlpflicht und bei aller Sympathie für die vollentfachte Klima­debatte, dürfen die Grundlagen des Wohlstandes – nämlich Arbeit und Beschäftigung – nicht aus den Augen verloren werden.