Gewalttaten nicht mit Gewalttaten relativieren

Gewalttaten nicht mit Gewalttaten relativieren

Extremismus-Debatte in der Bezirksversammlung

„Rassistische Parolen am damaligen Zaun der Geflüchtetenunterkunft am Schwarzenberg, Hakenkreuzschmierereien am Außenmühlenpark, eine Sprengstoffexplosion????????????????? auf die S-Bahn Haltestelle durch einen in Harburg lebenden Rechtsextremisten und verurteilten Totschläger. Und erst im Februar antisemetische Parolen am Harburg Center“ – die Liste rassistischer, menschenverachtender und offen faschistischer Äußerungen sei auch in Harburg lang, fasste André Lenthe, Abgeordneter der Linken in der Bezirksversammlung, zusammen. Mit Blick (und Zitat) auf Adorno, der die Rückkehr der Faschisten im Mantel der Demokratie befürchtete, nahm sich Lenthe die AfD und ihre, wie er sagte, „pure Menschenverachtung“ zur Brust. Was Lenthe damit eigentlich sagen wollte: Über die im Begleitausschuss „Lokale Partnerschaften“ erfolgte Arbeit gegen Antirassismus und Antisemetismus sei im örtlichen Projekt „Lokale Partnerschaften Harburg & Süderelbe“ in der Vergangenheit selten bis gar nicht berichtet worden. Dabei sei die „präventive Arbeit gegen Rassismus, Menschenfeindlichkeit und Antisemitismus eine große Aufgabe unserer Gesellschaft.“ Deshalb, so ein Antrag der Linken, solle in einer der nächsten Sitzungen des Ausschusses für Soziales, Bildung und Integration über die geförderten Projekte und entstandenen Netzwerke im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ ausführlich berichtet werden. Es entspann sich eine emotionale Diskussion an deren Ende die Große Koalition sich für eine Bericht im Innenausschuss der Bezirksversammlung entschied. Jürgen Heimath, Fraktionsvorsitzender der SPD, warf Lenthe daraufhin vor, sich verrannt zu haben und legte Papiere über die Arbeit der Lokalen Partnerschaften 2016 und 2017 aus, die belegten, wie umfänglich die Befassung mit dem Thema „Rechtsextremismus“ war.
Eine der besten – wenn auch (aus Zeitmangel) kurzen – Reden hielt an diesem Abend der FDP-Abgeordnete Carsten Schuster. Natürlich müsse Extremismus jeglicher Richtung kompromisslos bekämpft werden, sagte er, versäumte es aber nicht, auf die linke Militanz hinzuweisen. Anders als die Abgeordneten der Linken engagiere, er, Schuster, sich im Begleitausschuss der lokalen Partnerschaften und dieser beschäftige sich nicht nur mit Rechtsextremismus sondern auch mit religiösem Extrenismus. Lenthe warf er politische Kurzsichtigkeit vor, wenn sich seine Partei lediglich auf den Rechtsextremismus fokussiere. Nicht zuletzt könne er sich auch nicht mit dem Gedanken anfreunden, den Antrag einer extremistischen Partei „gegen einen anderen Extremismus“ zu unterstützen. Lenthes Rede habe lediglich polarisiert, betonte indessen Uwe Schneider, stellv. Vositzender der CDU-Fraktion. Sein Rat für Lenthe: „Legen Sie Ihre linken Augenklappen ab.“ Sein Vorwurf an Lenthe: „Sie bekennen sich nicht zur freiheitlichen Grundordnung.“
Ulf Bischof, Fraktionsvorsitzender der AfD, hatte zunächst nicht die Absicht, zum Antrag der Linken Stellung zu beziehen, machte es dann aber doch und legte Zahlen linksextremistischer Straftaten vor, die bei weitem höher seien als diejenigen rechtsextremistischer Straftaten. Die Zahlen gehen aus einer Antwort des Senats vom 20. März auf eine Schriftliche Kleine Anfrage der AfD-Bürgerschaftsfraktion hervor. Das rief Frank Richter (SPD) auf den Plan: Gewalttaten sollten nicht mit Gewalttaten relativiert werden, gab er gereizt zu Protokoll.
In einer nachträglichen Presseerklärung bezog Lenthe noch einmal Stellung. Darin heißt es:
„Das Bundesprogramm sieht natürlich auch die Bekämpfung „linker Militanz“ vor, aber nicht in Harburg. Wir haben uns einfach für eine andere Schwerpunktsetzung entschieden.“ Leider sei die Debatte emotional aufgeladen gewesen. Es gehe im Antrag der Linken lediglich um das Harburger Projekt. Lenthe: „Dort geht es explizit um die Bekämpfung von Rechtsextrextemismus. Die Frage ob und welche Extremisten wieviele Straftaten begangen haben ist gar nicht Inhalt des Antrages.“