„Geschlechtersensibel bedeutet keine ’Sprachpolizei‘ und kein Verbot“

????????? -Gudrun Schittek

„Geschlechtersensibel bedeutet keine ’Sprachpolizei‘ und kein Verbot“.

Grüne-Politikerin Dr. Gudrun Schittek befürwortet Gendersprache.

„Sprache verändert sich, so wie die Gesellschaft sich verändert. Ein Glück, das sich schon seit 50 Jahren unverheiratete Frauen nicht mehr „Fräulein“, sondern „Frau“ nennen dürfen! Am 6. Febrar 1971 wurde das „Fräulein“ von Amts wegen abgeschafft. Ebenso wie die Alltagssprache entwickelt sich die Amtssprache weiter“, sagt die grüne Bürgerschaftsabgeordnete Dr. Gudrun Schittek in ihrer Gegenrede zur Meinung von Heiner Schönecke.
Schittek wehrt sich gegen die Behauptung, dass die Gendersprache einfach per Beschluss in die Verwaltung eingeführt werden soll, wie es Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß vor Kurzem vorgeschlagen hatte. „Um eine willkürliche Veränderung geht es nicht und auch nicht um eine Vorschrift, sondern um eine Empfehlung für eine geschlechtersensible Sprache“, hält Schittek dem entgegen.
Seit Februar 2019 tage, so die Grüne, ein behördenübergreifender Arbeitskreis, bestehend aus Mitarbeitenden der Finanzbehörde, der Innenbehörde, der Senatskanzlei, des Personalamts und der BWFGB. Der Arbeitskreis soll Handlungsoptionen ausloten und am Ende dem Gremium der Staatsrät*innen eine Handlungsempfehlung für eine geschlechtersensible Sprache in der Verwaltung vorlegen. Die Beteiligten haben sich zunächst darauf geeinigt, einen Vorschlag für eine geschlechtersensible Sprache zu erarbeiten, der den veränderten gesellschaftlichen, politischen und medialen Anforderungen Rechnung trägt. Es existieren verschiedene Handlungsempfehlungen, die dem Gremium vorgelegt wurden, über die aber bislang nicht abschließend entschieden worden sei, erklärt Schittek.
Viele Städte (Köln, München, Frankfurt, Bremen, Stuttgart, Hannover, Lübeck, Kiel etc.) seien bereits vorangeschritten und haben ihre Verwaltungssprache geschlechtersensibel ausgestaltet. 26 von 81 Großstädten verwenden beispielsweise auch das Gender-Sternchen. Im Koalitionsvertrag von SPD und Grünen der 22. Legislaturperiode (S. 133) wäre das Thema bereits festgeschrieben: „In Hamburg wollen wir konkrete Handlungsempfehlungen für die Verwaltungssprache entwickeln, die alle Geschlechter adressiert…“. Auch der Bundestag gendere: künftig darf der Gender-Stern, der Doppelpunkt und weitere geschlechtergerechte Formen in Anträgen, Entschließungsanträgen und Begründungen von Gesetzesentwürfen verwendet werden. Es geht bei gendersensibler Sprache nicht darum, die Grammatik der deutschen Sprache zu verändern, sondern darum, die Sprache an die gesellschaftliche Situation und die Vielfalt anzupassen und überholte Sprachgewohnheiten zu ändern. Die Handlungsempfehlungen sollen den alten, bisher gültigen Senatsbeschluss vom 8. August 1995 ergänzen und haben empfehlenden, und keinen anweisenden Charakter, so Schittek.
„Geschlechtersensibel“ bedeutet keine „Sprachpolizei“ und kein Verbot. „Geschlechtersensibel“ bedeutet unter anderem, dass nicht die Mehrheit der Menschen in Deutschland, die Frauen, ausgegrenzt wird, weil sie nicht angesprochen wird, sondern einfach in der männlichen Form der Sprache „mitgemeint“ ist. Es geht um Respekt, und Respekt drückt sich in Sprache aus“, betont Schittek.
„Müssen wir überhaupt darüber reden? Haben wir eigentlich keine anderen Probleme, als das Gendersternchen? Was ist mit der Corona-Pandemie, der Klima- und der Wirtschaftskrise, Diskriminierung von Frauen und schlechter Bezahlung, der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, der Gewalt gegen Frauen… Das sind Themen, die uns beschäftigen. Warum macht die CDU die Genderdebatte so groß auf? Christoph Ploß nennt als Beispiel Feuerwehrleute und Behinderte, die diese Sprache nicht verstehen würden. Ist das wirklich so?“, fragt die grüne Politikerin.
Besser wäre es, so Schittek, „wenn die CDU den Wähler*innen zur Bundestagswahl ein Wahlprogramm anbieten würde. Aber wenn sie das nicht schafft, müssen wir uns nicht wundern, dass ein solches Thema herhalten muss. Aber immerhin hat es die Hamburger CDU geschafft, auf einem der ersten Plätze der Kandidierenden zur Bundestagswahl eine Frau zu nominieren. Vielleicht ist das endlich eine Chance zur Modernisierung?“, gibt Schittek zu bedenken.