Eine Dreiecksliebe zwischen Albatrossen, Blaukehlchen & Co.

Umschlagabbildung: De Agostini Picture Library/Bridgeman Images; National Museums Northern Ireland/Mary Evans/Magdalena Russocka/Trevillion Images -Das Cover von Agnes Krups neuem Roman

Eine Dreiecksliebe zwischen Albatrossen, Blaukehlchen & Co..

Taxidermie: Ein seltenes Thema in Agnes Krups zweitem Roman.

Nein, ein Freund von Cliffhangern sei sie nicht, sagte Agnes Krupp nach einer Lesung vor drei Jahren aus ihrem Debütroman „Mit der Flut“ in der Bücherhalle Finkenwerder. Deshalb sei jetzt Schluss mit Äpfeln, Elbe, Altem Land und Finkenwerder. Vage kündigte die Autorin aus Finkenwerder, die heute in Norddeutschland und im Hudson Valley (USA) lebt, dass ihr nächster Roman sich wohl einer gänzlich anderen Welt widmen werde, der Vogelwelt. Auf die war sie auf ihrer Lieblingsinsel – damals wie heute – Grand Manan, Teil der kanadischen Provinz New Brunswick, wie sie selbst sagt, gestoßen. Dort lernte sie im Heimatmuseum die außergewöhnliche Vogelsammlung des Ornithologen und Präparatoren Allan Moses (1881 – 1951), kennen, der sein ganzes Leben auf Grand Manan verbracht hatte. Es war der Stein des Anstoßes für einen neuen Roman, Titel: „Sommergäste“, in dem – purer Zufall – selbst die Spanische Grippe, die Pandemie vom Anfang des 20. Jahrhunderts, wenn auch nur am Rande, zum Zug kommt.
„Lassen Sie sich überraschen“, hieß es 2017 vielsagend, obwohl Agnes Krupp sicherlich schon viel mehr hätte offenbaren können, bei der Fülle an geballten vogelkundlichen Details, die jetzt als „Überraschung“ in „Sommergäste“ vorliegen und auf das Wohlwollen der Leserschaft hoffen. Das müssen sie auch, denn, die Frage sei erlaubt: Wissen Sie, was sich hinter Taxidermie verbirgt? Die ehrliche Antwort wird zu 90 % wahrscheinlich „Nein“. Es ist, aus dem Griechischen stammend, die Bezeichnung für „Gestaltung der Haut“.
Das vielleicht vorausahnend, ist Agnes Krupp auch von der ersten Seite an redlich bemüht, ihren Lesern diese hier im Vordergrund stehende Sparte der Ornithologie schmackhaft zu machen. Es geht um Bälge, das Präparieren (nicht das banale Ausstopfen) und Finden von Albatrossen, Pseudocalyptomena (Blaukehl-Breitrachen), Grasmücken, Honigsauger, Schwirle und Co., die durch die 363 Seiten schwirren, sofern sie nicht als Präparate in Museen Karriere machen. 180 Seiten benötigt die Autorin, um uns diesen exotischeren Zweig der Vogelkunde schmackhaft zu machen und um ihre Akteure zu positionieren: Die Schriftstellerin Charlotte Overbeck und ihre Freundin Ellen reisen nach Rockcliff Isle, eine malerische Insel vor der kanadischen Atlantikküste. Charlotte will an ihrem neuen Roman arbeiten, Ellen ihr gemeinsames Sommerhaus einrichten. Bei der Ankunft mit dem Postschiff treffen sie im Hafen auf Crawford Maker, einen Einheimischen in Fischerkleidung, der einen toten Vogel mit mächtigen Schwingen unter dem Arm trägt… Es entfaltet sich eine spannende Dreiecksgeschichte (Liebesgeschichte), die bis nach Europa und letztlich sogar in den Kongo führt und ein jähes Ende findet, zu plötzlich gemessen an der Geduld, mit der man sich als Leser durch die Krupsche Vogelwelt „beißt“.