Die Welt hat bedenklich hohes Fieber

C. Bittcher -Volker Weber (Vorstand des Forums für Nachhaltige Geldanlage) attestiert der Welt hohes Fieber und appelliert für Investitionen ± auch in nachhaltige Geldanlagen

Die Welt hat bedenklich hohes Fieber.

Volker Weber: „Wir retten die Welt nicht, wenn wir Verzicht üben“.

Wenn die Sparkasse Harburg-Buxtehude alljährlich zum Investmenttag einlädt, können sich Kunden und Interessierte stets auf eins verlassen: hochkarätige Vorträge von anerkannten Experten und gute Gespräche in geselliger Atmosphäre. So auch beim 12. Sparkassen-Investmenttag am Montagabend in der Empore Buchholz. Unter dem Titel „Die Welt hat Fieber – Heilmedizin Nachhaltigkeit“ attestierte der renommierte Nachhaltigkeitsexperte Volker Weber der Welt bedenklich hohes Fieber. Als Behandlungsmethode empfahl er Investitionen in Innovation anstelle von Verzicht. Und er zeigte den rund 450 Besuchern auf, dass auch nachhaltige Geldanlagen Spaß machen und eine vernünftige Rendite einbringen.
Bevor Volker Weber die Bühne betrat, begrüßten Sonja Hausmann, Mitglied des Vorstands der Sparkasse Harburg-Buxtehude und Cord Köster, Regionaldirektor für den Bereich Süd, gemeinsam die Gäste in der Empore Buchholz. Sie wiesen auf die große Aktualität und die besondere Verantwortung der Sparkassen für das Thema hin. „Nachhaltigkeit ist nicht staubig, Nachhaltigkeit darf auch Spaß machen. Für uns als Sparkasse ist das Thema eine Herzensangelegenheit und es fällt in unseren gesellschaftlichen Auftrag – seit mehr als 175 Jahren“, sagte Sonja Hausmann, für die es erst der zweite Investmenttag in der Sparkasse Harburg-Buxtehude war. Nachhaltige Verantwortung bedeute für sie, in schwierigen Zeiten die Rahmenbedingungen zu verbessern, damit Kunden von ihrem hart erarbeiteten Geld etwas für später anlegen können.
Cord Köster, der in der Landwirtschaft groß geworden ist, fand durchaus Parallelen zwischen seiner Kindheit und der jetzigen Tätigkeit als Sparkassen-Kaufmann. Seine Eltern prägten schon damals eine alte Weisheit, die heute mehr Aktualität denn je hat: „Wir dürfen nur so viele Bäume roden, wie wir pflanzen.“ Nachhaltigkeit sei keine Modeerscheinung, wenngleich das Thema derzeit stark ins Bewusstsein der Menschen gehoben wird, unter anderem durch Greta Thunberg. Im Kern des nachhaltigen Handelns der Sparkassen stehe eine nachhaltige Kundenbeziehung. „Wir verzichten durchaus mal auf ein schnelles Geschäft, weil man gemeinsam mit den Kunden Nachhaltigkeit leben und sich auch in den nächsten Jahren noch in die Augen schauen möchte“, so Köster.
Volker Weber, der seit zehn Jahren als Vorstand des „Forum Nachhaltige Geldanlage“ (FNG) regelmäßig in Berlin und Brüssel unterwegs ist, kritisiert die Politik dafür, den Fokus beim Thema Nachhaltigkeit rein auf die ökologische Komponente zu richten. Soziale und gesellschaftliche Nachhaltigkeit seien ebenso wichtige Komponenten. „Wir stehen vor der großen Herausforderung, die Balance zwischen wirtschaftlichem Wachstum und sozialer, gesellschaftlicher und ökologischer Verantwortung herbeizuführen. Und das gehe, so Volker Weber, nur über aktives Gestalten. „Wir retten die Welt nicht, wenn wir Verzicht üben. Wir müssen in Innovationen investieren.“
Dass die Menschen ihre Einstellung bereits in vielen Bereichen des Lebens ändern, zeigte Volker Weber an diversen Beispielen auf: E-Mobilität, Fair-Trade-Produkte, Energieeffizienzklassen bei Elektrogeräten, Bio-Lebensmittel oder Nachhaltigkeits-Zertifikate für Holzprodukte. Seit einigen Jahren halte dieser Bewusstseinswandel auch Einzug beim Thema Geldanlage. Mit 219,1 Milliarden Euro erreichten nachhaltige Geldanlagen 2018 in Deutschland einen neuen Höchststand, nachhaltige Fonds und Mandate verzeichneten einen Zuwachs von 41 Milliarden Euro, was einem Wachstum von 45 Prozent entspricht. „Ich kann garantieren, dass die gleiche Entwicklung für nachhaltige Geldanlagen wie für Bio-Lebensmittel erfolgen wird“, prognostiziert der Experte.
Eine für Anleger wichtige Frage sei natürlich die nach der Rendite. Kann man mit nachhaltigen Geldanlagen auch Geld verdienen? Ja, lautete die eindeutige Antwort von Volker Weber. Er räumte mit dem Vorurteil auf, dass nachhaltige Geldanlage zu Lasten der Rendite ginge. „Viele Anleger glauben: Wer sein Geld ökologisch korrekt anlegt, muss auf Rendite verzichten. Das Gegenteil ist der Fall“, zitiert Weber die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Er machte aber deutlich, dass nachhaltige Produkte kein Mittel des „Turbo-Trading“ sind, vielmehr sind sie auf Substanderhalt ausgerichtet und erbringen eine vernünftige langfristige Rendite. Als Beleg verwies Weber auf einen aktuellen Vergleich zwischen dem DAX und dem Naturaktien-Index NAI: Der DAX legte in den letzten 20 Jahren um 200 Prozent zu, der NAI um 800 Prozent.
Wer über nachhaltige Geldanlagen nachdenkt, dem riet Volker Weber, sich bei der Auswahl der Produkte zunächst darüber im Klaren zu werden, was er möchte und was er nicht möchte. Denn die Kriterien, über die jeder Anleger Nachhaltigkeit definiert, seien sehr verschieden und individuell. Mit nachhaltigen Geldanlagen lasse sich durchaus eine wirtschaftliche Rendite erzielen, on top erhält man aber immer eine garantierte ökologische und soziale Rendite.
Sein Appell an die Besucher zum Abschluss des Vortrags war eindeutig. „Ich würde mich freuen, wenn nachhaltige Anlagen bei Ihnen in der Vermögensstrategie Platz finden. Legen Sie ein paar Eier in verschiedene Körbchen.“ Beim anschließenden gemeinsamen Imbiss hatten die Besucher noch die Gelegenheit zum ausgiebigen Meinungsaustausch mit Volker Weber, mit ihren Beratern und untereinander.