Die Tradition in die Zukunft bringen

Genau 74 Gilde-Mitglieder hatten sich bei der Jahreshauptversammlung eingefunden

Die Tradition in die Zukunft bringen.

Die Harburger Schützengilde zeigt wieder Flagge.

Die Harburger Schützengilde ist wieder da! Auch wenn es nur eine interne Veranstaltung unter strengen Corona-Auflagen und mit der ausdrücklichen Genehmigung des Gesundheitsamtes war. Aber man sah es den Gilde-Mitgliedern an, dass sie es einfach nur genossen, nach eineinhalb Jahren des Stillstandes mal wieder ein Lebenszeichen geben zu dürfen. Knapp 80 von ihnen waren am Freitag und Sonnabend vergangener Woche am Schwarzenberg bei der Jahreshauptversammlung erschienen. In einem für die Gilde kleinen Festzelt fand man sich ein. Der 1. Patron Ingo Mönke brachte es in seiner Begrüßungsrede auf den Punkt: „Was haben wir im letzten Jahr erlebt? Nichts!“ Die Voraussetzungen dafür, dass es besser werde seien gut, selbst wenn an diesen beiden Tagen noch die Devise galt: „Wer geht und steht, der trägt (Maske)“. Das Hygiene-Konzept für diesen Tag hatte der Gilde-Sprecher Nico Ehlers ausgearbeitet und es wurde akribisch eingehalten.
„Viele hatten uns“, so berichtete Mönke, „für verrückt gehalten, dass wir wieder etwas tun wollten, doch es sei an der Zeit gewesen, wieder Flagge zu zeigen. Der 1. Patron gab sich allerdings keinen Illusionen hin: „Nichts wird, wie es war“, sagte er, doch gelte es, sich an den neuen Gegebenheiten zu orientieren. Ein erster Schritt ist nun gemacht, Wenn schon im zweiten Jahr keine Gilde-Majestät ausgeschossen werden konnte, so wollte man doch nicht so ganz auf eine Majestät verzichten und zeigte Mut zur Innovation: Am Sonnabend ermittelte man erstmals in der 493-jährigen Geschichte der Harburger Schützengilde einen Vizekönig. Sein Name: Frank Stadler. Ob er einen Nachfolger haben wird oder als Corona-König in die Gilde-Geschichte eingeht, wird sich noch zeigen müssen.
Bevor sich die Schützen in den Schießstand begaben, hatte Ingo Mönke noch Grundsätzliches zu sagen. Seine Quintessenz: „Das Überleben der Gilde hängt von der Qualität und nicht von der Quantität ab. Wir wollen die Besten sein und andere für uns begeistern.“ Offensichtlich habe man mit diesem „kleinen“ Vogelschießen angesichts der guten Beteiligung alles richtig gemacht. Nun gelte es, die Tradition in die Zukunft zu bringen. Das könnte nach seinen Worten auch bedeuten, dass Tradition unter Umständen auch ohne Uniform und Waffen gehen muss. Es gehe letztlich darum, dass sich „die wichtigste Institution Harburgs, das wichtigste Netzwerk Harburgs, der wichtigste Spargel Harburgs und der wichtigste Ball Harburgs“ modern präsentieren. Als Stichworte nannte er: neue Veranstaltungen, neue Formate, neue Mitglieder. An dieser gemeinsamen Zukunft gelte es zu bauen, was aber auch bedeute, dass nicht nur die wenigen Aktiven daran arbeiten, sondern sich auch andere dafür begeistern lassen. Mönke: „Wenn wir wollen, dass die Gilde den 500. Geburtstag (in sieben Jahren – die Red.) feiern kann und in der Zukunft Bestand hat, dann müssen wir uns modern präsentieren und einfache Strukturen haben.“ Eventuell müsse man bei Bedarf sogar auf den Begriff „Schützen“ verzichten, gab Mönke zu bedenken. Deswegen gelte es auch, „an unserem Namen zu feilen.“
Auch wenn während der nun schon lange währenden Regentschaft der Majestät Borhen Azzous „nichts“ passiert ist, so war das kein Hindernis, nicht doch eine neue, informative und reich bebilderte Festschrift, 135 Seiten stark, zu präsentieren. Das Cover hat diesmal Thorsten Kirsch gestaltet, für die Gestaltung zeichnete Victoria Isabell Ehlers zuständig. Die Künstler, die das Jahrbuch-Cover in den nächsten drei Jahren gestalten werden, stehen übrigens auch schon fest. Fest steht auch, dass die Harburger einen neuen Deputierten in ihren Reihen haben. Es ist Jürgen Tscherny, „Chef der – renovierten – Schießanlage“, ein unentbehrlicher Elektriker und Elektroniker und gewiefter IT-Fachmann. Er löst in der Deputation Ingo Volkland ab und bekleidet fortan des Amt des Zweiten Schaffers.
Nach dem Bericht der Sportschützen durch Eckard Mißfeld ging es schließlich in den Schießstand, wo die Anzahl der Personen eng begrenz war. Wer wollte, konnte das Schießen auf Video-Leinwänden verfolgen. Ingo Mönke, Carsten Exner und Fritz-Gerd Martens waren in das Schießen um die Vizekönigs-Würde ebenfalls eingestiegen, mussten nach dem 1.385 Schuss um 18.12 Uhr allerdings Stadler den Vortritt lassen. Der Nenndorfer ist seit 2013 Gilde-Mitglied, im Schießclub Oberbürgermeister Grumbrecht aktiv. Unter die Schützen hat sich am vergangenen Wochenende auch der Harburger SPD-Bundestagsabgeordnete Metin Hakverdi begeben: Er schoss den rechten Flügel.
Weil in der Schützengilde Optimismus kein Fremdwort ist, hofft sie, dass der 16. Harburger Winterball am 11. Dezember im Privathotel Lindtner stattfinden kann.