Denkmalschutz geht vor Wohnungsbau?

mk -CDU-Fraktionschef Ralf-Dieter Fischer hatte sich für den Erhalt des Ortsamts-Komplexes stark gemacht

Denkmalschutz geht vor Wohnungsbau?.

Ortsamts-Komplex ist beinahe unantastbar.

Auf der letzten Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses am 17. Februar stand wieder einmal der von der CDU auf den Weg gebrachte Antrag zum Erhalt des sogenannten „Neugrabener Ensembles“ (ehemaliges Ortsamt/heutiges Kundenzentrum, Bücherhalle und Altentreff) auf der Tagesordnung. Zur Erinnerung: Bau-Dezernent Jörg-Heinrich Penner, der übrigens auf dieser Sitzung offiziell in den Ruhestand verabschiedet worden ist, hatte den Abriss des Komplexes zugunsten von Wohnungsbau ins Spiel gebracht. Möglich wurde dies, weil der Eigentümer die Miet- und Pachtverträge schon längst gekündigt hatte. 2022/23 sollten die letzten Mieter aus den Gebäude ausziehen, dann wollte der Investor Wohnungsbau realisieren. Aber daraus wird nichts. Auf Initiative der CDU schaltete sich das Denkmalschutzamt in die Angelegenheit ein. Es legte sein Veto ein, am 17. Februar machte die stellvertretende Amtsleiterin Dr. Anna Joss in ihrem Vortrag deutlich, dass außen wie innen am Gebäude-Ensemble beinahe so gut wie nichts verändert werden dürfte. Von einem Abriss ganz zu schweigen. „Der Komplex besitzt Denkmalwert aufgrund seines maßgeblichen Beitrags zu den charakteristischen Eigenheiten des Stadtbildes. Über den Neugrabener Markt hinweg setzt sich die aus Richtung Bahnhof nach Süden führende Fußgängerzone in der Freitreppe nach oben hin fort, während der 17 Meter über Hofniveau aufragende, turmartige Pultdachgiebel des Ortsamtes mit Schriftzug und Uhr den Endpunkt dieser Achse markiert. Die starke städtebauliche Geste unterstreicht die herausgehobene Funktion des Baus. Auch die flächigen, vollständig geschlossenen bzw. regelmäßig gerasterten Fassaden, die das Ortsamt größer erscheinen lassen, verleihen der funktionalen Bedeutung architektonischen Ausdruck. Der Komplex mit Fernwirkung hebt sich durch seine Materialität und seine Lage jenseits des Marktes von der Umgebung ab, fügt sich aber zugleich in seinen Dimensionen und über städtebauliche Bezüge in diese ein. Der Komplex besitzt ferner Denkmalwert aus geschichtlichen, insbesondere aus stadt- und baugeschichtlichen sowie aus künstlerischen Gründen. Als wichtiger Teil des Ortszentrums Neugraben ist er Zeugnis Hamburger Auffassungen der 1960er- und 1970er-Jahre über Stadtentwicklung und architektonisch angemessene Repräsentanzformen von Verwaltung und Vollzug und somit von stadtgeschichtlicher Bedeutung“, führte Joss in einem umfangreichen Dossier aus, das dem RUF vorliegt.
Auch die Bücherhalle und die Altentagesstätte sind für Joss unantastbar: „Die Bücherhalle und Altentagesstätte befinden sich in überaus gutem Erhaltungszustand. Vorhanden sind mit Außenwänden und Holzkonstruktion sämtliche tragenden Bauteile, ferner Deckenuntersichten, Fenster (keine Veränderungen aktenkundig), Türen (im EG der Bücherhalle überstrichen), in der Altentagestätte weiterhin einzelne Wand-, Decken und Hängeleuchten, Einbauschränke, Bodenfliesen, Garderobe und weitere Einrichtungsteile.“ In puncto Wohnungs-Nutzung sei laut Joss allenfalls die Schaffung von Studentenwohnungen im ehemaligen Ortsamt und der Polizeiwache möglich. Aber auch hier stieße man schnell an Grenzen: Beispielsweise dürfte der Sitzungssaal nicht verändert werden. Dasselbe gelte ebenfalls für große Teile des Innenbereiches wie Fußböden, Holzdecken oder Treppen sowie die Außenfassaden (keine Veränderung von Fenstern). Aus Sicht des Amtes falle alles unter den Denkmalschutz. Auch Veränderungen an der Nordseite und Einbau von Wohnungen mit Balkonen schieden vollständig aus, erläuterte Joss. Diese resümierte: „Die Erhaltung des Ensembles liegt aus geschichtlichen, insbesondere stadt- und baugeschichtlichen Gründen, aus künstlerischen Gründen sowie aufgrund seines Beitrages zu den charakteristischen Eigenheiten des Stadtbildes im öffentlichen Interesse, welches durch einen Antrag aus der Bezirksversammlung Harburg auf Denkmalwertprüfung 2018 sowie durch mehrere Publikationen zu Ortsamt und Polizeiwache und eine Auszeichnung der Baubehörde 1979 sowie durch den hervorragenden Erhaltungszustand der Bücherhalle untermauert wird.“
Was nun mit dem denkmalgeschützten Gebäude-Ensemble geschieht, müsste mit dem Denkmalschutzamt zu gegebener Zeit geklärt werden, sagte CDU-Fraktionschef Ralf-Dieter Fischer. Der baupolitische Sprecher der FDP, Günther Rosenberger, zeigte sich enttäuscht. „Es wäre schön, hier am Markt Wohnungsbau zu ermöglichen. Die Fassade zum Marktplatz hätte bestehen bleiben können. Nur an der Rückseite wären Erweiterungsbauten für die Schaffung von Wohnungen mit Balkon bzw. Terrassen erforderlich. Dies ist durch die Beantragung zur Eintragung in die Denkmalschutzliste vorerst nicht mehr möglich. Ich finde das sehr bedauerlich und rege an, nur die Fassade zum Marktplatz mit dem grüngedeckten Dach in die Denkmalliste aufzunehmen, um so das Wohnen in diesem zentralen Gebäude zu ermöglichen“, schlug der Liberale vor.