„Begonnen hat es mit Worten“

mk -Henning Reh mahnte in seiner Gedenkrede rechtsradikalen Tendenzen mutig und geschlossen entgegenzutreten.

SPD gedachte NS-Opfern am 9.November.

Am 9. November gedachte die SPD der Opfer des Nationalsozialismus mit einer Kranz-Niederlegung an der Gedenktafel am Kundenzentrum Süderelbe. Das Vorstandsmitglied des SPD-Distriktes Neugraben-Fischbek, Henning Reh, erinnerte im Rahmen der Veranstaltung, die unter dem Leitthema „Erinnern ist Zukunft“ stand, an die Reichspogromnacht vor mehr als 80 Jahren. „Am 9.11.1938 fand die Reichspogromnacht statt. Tausende Juden wurden misshandelt, verhaftet, getötet. Vor mehr als 80 Jahren wurden Gotteshäuser und Geschäfte jüdischer Inhaber zerstört und in Brand gesteckt“, sagte Reh. Aber die Gewalt habe weit früher begonnen. Sie habe in den Köpfen begonnen und sie wäre in der Sprache vorbereitet worden. Sowohl in der ausgesprochenen Sprache derer, die gehetzt und gedroht haben, als auch in der nicht ausgesprochenen Sprache derer, die nicht widersprochen haben. Die Sprache habe die Gesellschaft mit Gewaltbereitschaft durchtränkt, wie Benzin den Boden. Sie hat jenen, die die Streichhölzer in den Händen hielten, den Weg geebnet, führte Reh aus. „Es ihnen leicht gemacht, diese zu entzünden und fallen zu lassen. Wenige haben sich ihnen entgegengestellt. Zu wenige, um es zu verhindern. Zu viele haben geschwiegen. Teils aus Angst, teils aus stillem Einverständnis. Doch spätestens seit dem 9.11.1938 nicht mehr aus Unwissenheit. Wer nach dieser grauenvollen Nacht noch geschwiegen hat, wurde zum Mitwisser, Dulder, gar Mittäter. Und es war doch nur der Vorbote des Unausprechlichen, das erst noch geschehen sollte. Leid, Zerstörung, Entmenschlichung wurde über die Welt gebracht. Millionenfacher Mord. Begonnen hat es mit Worten“, betonte Reh. Dieser schlug den Bogen zur Gegenwart. „Auch heute hören wir wieder, dass man dieses oder jenes doch ‚wohl mal noch sagen dürfe‘, sehen wir widerwärtige Schmierereien auf Grabsteinen, lesen wir von Todesdrohungen, Terroranschlägen auf Synagogen. Wir haben wieder Tote. Wir hören wieder das Heulen der Wölfe, die durch unser Land ziehen. Nazis ziehen durch unser Land, sie ziehen in unsere Städte und sie ziehen wieder in unsere Parlamente. Jetzt müssen wir beweisen, dass wir uns nicht nur erinnern, sondern die Erinnerung auch für die Zukunft in Haltung, Handlung und Sprache transformieren. Jetzt müssen wir den Wölfen Einhalt gebieten und ihnen entgegentreten. Ihnen entgegenrufen, dass es unser aller Land ist. Das Land der Toleranz und der Aufklärung. Das Land der Sprache und des sprachlichen Diskurses“, forderte Reh. Unsere Sprache drohe erneut zu verrohen. Die Anonymität moderner Medien trage daran nicht die Schuld, sei aber willfähriges Werkzeug dieses Prozesses. Schuld trage jeder einzelne, der meine, dass ‚man so etwas doch wohl noch sagen dürfe‘. Und auch jeder, der dann nicht aufstehe und sage: ‘Nein!‘. Nein zu seinem Nachbarn, Nein zu seinem Freund und Nein zu seinem Verwandten, meinte Reh. „Wir müssen sie stellen und konfrontieren. Wir dürfen sie nicht einfach aufgeben und wir dürfen sie auch nicht ignorieren. Unsere stärksten Waffen sind nicht Intoleranz oder Gewalt. Unsere stärksten Waffen sind Erinnerung und Sprache“, erklärte Reh.