Auch Männer können Altenpflege

Matthias Reitenbach

Auch Männer können Altenpflege.

Offensive für einen unterschätzten Beruf.

(ein). Mit einer Werbekampagne will die Bundesregierung mehr junge Menschen für die Pflege gewinnen. Bis zum Jahr 2023 soll die Zahl der Auszubildenden um zehn Prozent steigen. Was die Politik jetzt anstoßen will, hat das Seniorenzentrum Dr. Carl Kellinghusen in Bergedorf längst umgesetzt. „Wir beschäftigen hier zurzeit 14 Auszubildende bei insgesamt 80 Mitarbeitern“, erzählt Geschäftsführer Dirk Ackermann. „Man kommt als weitsichtiges Unternehmen gar nicht drum herum, dem Thema Ausbildung einen immens hohen Stellenwert einzuräumen und die Kapazitäten zu erhöhen.“ In den drei Seniorenzentren der Geschwister Jensen GmbH sind insgesamt vier Praxisanleiter für insgesamt knapp 50 Azubis freigestellt, um ihnen ständig als Ausbilder, Mentor und Fürsprecher zur Seite zu stehen. Alles andere wäre halber Kram“, meint Ackermann. „Wir sind von unserem Konzept überzeugt!“
Was muss ein Azubi in der Pflege mitbringen? „Das Fachwissen werden wir dem Azubi beibringen“, sagt Praxisanleiter Karsten Lies, „aber das Einfühlungsvermögen und soziale Kompetenzen muss der Azubi mitbringen. Diese Charaktereigenschaften sind elementar für eine erfolgreiche Ausbildung.“
Omid Zerafat ist einer der 14 Auszubildenden im Seniorenzentrum Dr. Carl Kellinghusen. „Ich war überrascht, wie viele Männer sich als Altenpfleger ausbilden lassen.“ Omid schätzt den Anteil in der Berufsschule auf etwa ein Drittel. Jetzt im 2. Ausbildungsjahr ist sich Omid sicher: „Eine bessere Berufswahl hätte ich nicht treffen können. Die Arbeit mit alten Menschen erfüllt mich, ich fühle mich gut.“ Aber Omid weiß auch, wie schwer die gesellschaftlichen Vorurteile wiegen. Immer wieder hört er von seinen Bekannten, dass sie es zwar gut fänden, was er macht, aber die schlechte Bezahlung und die eintönige Arbeit, ständig alte Menschen zu waschen, seien abschreckend. „Ihr wisst ja gar nicht, wie anspruchsvoll dieser Beruf ist“, wiederholt Omid häufiger, als ihm lieb ist. Ackermann bekennt: „Unserer Branche gelingt es leider noch immer nicht ausreichend, sich ein besseres Image in der Öffentlichkeit zu geben.“ Auch Lies bedauert es, dass sich junge Altenpfleger rechtfertigen müssen. „Da wünsche ich mir eine Wende.“
Die Bundesregierung möchte parallel zur Ausbildungsoffensive in der Pflege auch eine bessere Entlohnung und tarifliche Standards durchsetzen, um die Attraktivität dieser Branche deutlich zu steigern. Auch hier ist die Geschwister Jensen GmbH als Beispiel längst weiter. Bereits im ersten Lehrjahr erhalten die Auszubildenden eine Vergütung von deutlich mehr als 1.000 Euro monatlich, dazu noch weitere Leistungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld und 30 Tage Urlaub. Die monatlichen Einstiegsgehälter nach der Ausbildung beginnen bei etwa 2.700 Euro, ebenfalls zzgl. Urlaubs- und Weihnachtsgeld bzw. liegen inkl. dieser Sonderzahlungen bei mehr als 2.900 Euro.
Wer die dreijährige Ausbildung zum examinierten Altenpfleger antreten will, muss über einen mittleren Schulabschluss (MSA) oder etwas Vergleichbares verfügen. Ackermann: „Wir möchten, dass unsere Mitarbeiter bei uns bleiben und ihre Chancen sehen.“ Omid freut sich über seine Berufsaussichten: „Ich könnte wie Karsten Lies Praxisanleiter, Wohn- oder Pflegedienstleiter oder Einrichtungsleiter werden oder ins Qualitätsmanagement gehen oder in vielen weiteren Bereichen arbeiten.“
Die Ausbildungen zum Altenpfleger starten übrigens zwei Mal im Jahr am 1. Februar und am 1. August.