Als die Finkenwerder Pinguine 1:14 unter die Räder gerieten

Klee-Archiv -Der Mopsberger Rudi Noack (li.) hier bei einem Testspiel der deutschen Nationalelf gegen Derby County aus England

Als die Finkenwerder Pinguine 1:14 unter die Räder gerieten.

Historie und Histörchen aus Hamburgs Fußballwelt.

Als der HTB den HSV 1:0 besiegte.

Historie und Histörchen aus Hamburgs Fußballwelt.

Fußball wird aktuell im Profi-Fußball gespielt, die Amateure der Unterligen müssen sich hingegen in Verzicht üben. Sie schauen in die Röhre. Da kommt, zumindest für die Fans, ein Buch – Titel: „Fußballheimat Hamburg – 100 Orte der Erinnerung“ – gerade recht. Broder-Jürgen Trede und Ralf Klee haben sich auf auf 214 Seiten in der Stadt entlang der Elbe auf die Suche nach eben diesen Orten begeben und widmen es, so der Vorsatz, den Fußballerinnen und Fußballern der Hansestadt.
100 und 1 Denkmäler für eine großartige Stadt sind auf diesem Wege entstanden. Wem es bisher nicht so wirklich bewusst geworden sein sollte: Fußballheimat Hamburg – das ist mehr als das scheinbar ewige Lokalderby HSV gegen FC St. Pauli, mehr als Volksparkstadion und Millerntor. Fußballheimat Hamburg sind auch Altona 93, ASV Bergedorf, Barmbek-Uhlenhorst, Harburger TB, SC Concordia, SC Sperber und viele andere, zum Teil heute nicht mehr existierende Stadtteilvereine und Thekenmannschaften. Auch das ist bemerkenswert: Noch bevor im ersten Textbeitrag überhaupt das Stichwort „Fußball“ fällt, kommt das Museum für Archäologie (früher Helms-Museum) zum Zug. Trede und Klee verstehen aus vortrefflich, auf den folgenden Seiten – jeweils eine für einen Verein oder eine historische fußballerische Begebenheit – Bogen von diesem Museum zur Fußballwelt weit abseits des großen Geldflusses zu schlagen. Dass sie dabei an manches Hirtorische erinnern oder diverse Histörchen aufstöbern, macht den Reiz dieser Neuveröffentlichung aus.
„Fußballheimat Hamburg“ sind aber auch Menschen – Spieler, Trainer, Manager, Präsidenten, gute Seelen, Fans und Journalisten -, die den Hamburger Fußball in den letzten über 100 Jahren geprägt haben.
Die beiden Autoren haben mit Zeitzeugen gesprochen und stellen wunderbare Orte und Unikate in Text und Bild vor. Ein Buch, das zum Erinnern, Schwelgen und Besichtigen einlädt. Auf diesem Wege erfährt der geneigte Leser, was es mit den Teams Eintracht Kopftuch und United Strumpfhose auf sich hat – ein Spiel, das der Wilhelmsburger Sportjournalist Uwe Hansen organisiert hatte. Bereits in den 30er-Jahren wurden in Wilhelmburg Spiele ausgetragen, deren Schiedsrichterleistung sich vor der aus dem berühmt-berüchtigten Wembley-Stadion nicht zu verstecken brauchen. Am 20. Mai 1928 sollten sogar Masken (!!!) eine nicht unwichtige Rolle spielen! Natürlich wurde auch einige Kilometer weiter südlich – in Harburg – gegen das Leder, oftmals eine so genannte „Phoenix-Blase“ getreten, das damals diesen Namen noch redlich verdiente. Welcher Fußballfreund kann heute mit dem Namen „Mopsberger Höhe“ und die „Mopsberger“ noch etwas anfangen? Immerhin haben sich spätere HSVer dort ihre Sporen verdient. Und selbst der ungarische Spitzenverein Ferencvaros (Dt.: Franzstadt) hat einstmals am Rabenstein gespielt und nicht zuletzt auch, natürlich, der HSV. Teams aus München und Wien beehrten indessen die Eichenhöhe, während der HTB mit einem 1:0 über den HSV Geschichte schrieb. Eine der letzten Seiten widmen die beiden Autoren den Kneipenkickern des FC Pinguin Finkenwerder, von denen es kein Foto gibt, die sich dafür aber rühmen durften, einer der größten Fußball-Blindgänger zu sein. Nicht ganz unerwartet gerieten sie bei einem freundschaftlichen Auswärtsspiel bei einer ebenbürtigen Truppe in Süddeutschland 1:14 unter die Räder. Linienrichter war kein Geringerer als Uwe Seeler!
So und ähnlich vermitteln die beiden Journalisten reich und originell bebildert über wenig bekannte, dafür umso originellere Höhepunkte aus der Fußballheimat Hamburg. Das Buch (ISBN 978-3-96423-038-6) ist im arete Verlag in Hildesheim erschienen und kostet 18 Euro.